Kunst
Schreibe einen Kommentar

Die Zukunft entscheidet sich jetzt

Die Werke weiblicher Künstler sind in der Kunstwelt noch immer unterrepräsentiert. Welcher ist der richtige Weg, das zu ändern?

Drei von zehn – klingt nach keinem guten Ergebnis? Wenn es um die Position von Frauen auf dem Kunstmarkt geht, ist es aber immerhin ein Fortschritt. Denn dass der „Kunstkompass 2014“, das jährliche Ranking der weltweit gefragtesten Künstler der Gegenwart, unter seine Top 10 drei Frauen listet, wurde hart erkämpft. Rosemarie Trockel, Cindy Sherman und Pipilotti Rist heißen die drei Künstlerinnen, die sich den Weg an die Spitze gebahnt haben. Im Olymp der Kunstwelt sind sie angekommen, doch wie sieht es in der breiten Öffentlichkeit aus? Dort sind ihre Namen weitgehend unbekannt – ganz im Gegensatz zu denen von Gerhard Richter oder Georg Baselitz.

Als Motiv begehrt, sonst oft übergangen

Der Erfolg einiger weniger Ausnahmekünstlerinnen und der Rummel um Medienstar Marina Abramović können nicht darüber hinwegtäuschen: Ausgerechnet durch die Kunstwelt, die als offen und fortschrittlich gilt, zieht sich noch immer ein Geschlechtergraben. Zwar ließen sich besonders in den letzten Jahren einige Erfolge verzeichnen, doch jahrhundertelang herrschende Ungleichheit verschwindet nicht von heute auf morgen.

Noch immer sind Künstlerinnen in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit unterrepräsentiert und ihre Werke erzielen geringere Preise. Bei 4,98 Millionen US-Dollar liegt der Rekordpreis für eine Arbeit von Rosemarie Trockel – eine Summe, die lächerlich wirkt im Vergleich zu ihren männlichen Mitstreitern. Schließlich erzielte Gerhard Richters “Domplatz, Mailand” 2013 bei Sotheby’s in New York einen Preis von knapp 29 Millionen Euro. Das Preisgefüge gleiche sich erst allmählich an, beobachtet auch Hannah Kruse von „Goldrausch“, einem Berliner Weiterbildungsprojekt, das die Durchsetzung künstlerischer Positionen von Frauen unterstützt. Um auf dem Kunstmarkt Gleichheit herzustellen, müssten sich vor allem neue Netzwerke bilden, denn viel zu oft sei die Situation noch: „Männer fördern Männer und Frauen nicht unbedingt Frauen“. Projekten wie Goldrausch geht es dabei nicht um einen rein geschlechtsspezifischen Fokus, sondern um den Aufbau eben jener neuen Netzwerke.

Welcher Weg führt zum Erfolg?

Es muss sich noch viel tun in der Kunstwelt, bevor weiblichen Künstlern dieselbe Aufmerksamkeit zukommt wie ihren männlichen Kollegen. Doch welcher ist der richtige Weg zu diesem Ziel? Um weibliche Kunst in den Fokus zu rücken, finden häufig Sonderausstellungen statt. So auch der Fall im me Collectors Room/Stiftung Olbricht in Berlin-Mitte. Noch bis Ende August läuft in seinen Räumen die Ausstellung „Queensize – Female Artists from the Olbricht Collection“, die ausschließlich den weiblichen Künstlern der Privatsammlung gewidmet ist.

Marlene-Dumas-Nobody´s-baby-2007-Courtesy-of-the-artist-2

Marlene Dumas, Nobody’s baby, 2000 © Artist

Rund 60 Positionen, etwa ein Drittel der vertretenen Künstlerinnen, werden hier gezeigt: Europaweit einer der größten Anteile in einer Privatsammlung. Thomas Olbricht habe beim Kauf der Werke nie auf das Geschlecht der Künstler geachtet. Er sei selbst davon überrascht gewesen, dass nahezu die Hälfte der in der Sammlung vertretenen Künstler weiblich ist, heißt es dazu von Seiten der Stiftung. Nach der Entdeckung beauftragte Olbricht die Kuratoren Nicola Gräf und Wolfgang Schoppmann, die aus dem Sammlungskonvolut das Thema „Queensize“ entwickelten, in Anlehnung an das amerikanische Bettenformat. Das Bett diene dabei als Chiffre für den existenziellen Ort menschlicher Erfahrung – Tod und Geburt, Verführung und Erotik, Träume und Albträume. So steht es zumindest in der Ausstellungsbeschreibung. Doch in keinem der ausgestellten Werke wird das Bett als solches thematisiert. Warum also enthält der Titel der Ausstellung ausgerechnet diese Anspielung?

Zu sensationsheischend klingt das, ein wenig zu stark in die erotische Ecke gedrängt. In der Realität bestätigt sich diese Annahme. An vielen Stellen verleiten zu viel an nackte Haut und Blingbling zu einer recht eindimensionalen Sicht auf das, was in der Ausstellungsbeschreibung als spezifisch weiblicher Blick auf das Leben angekündigt wird. Dem gegenüber stehen tiefgründige Arbeiten wie der Animationsfilm “The Experiment (Greed)” der schwedischen Künstlerin Nathalie Djurberg. Angsteinflößende Plastilinfiguren in Priestergestalt vergehen sich zu dunklen, dämonischen Klängen an jungen Frauen und versuchen sie im wahrsten Sinne „unter ihrer Kutte“ zu halten. Die Arbeit lässt ihre Betrachter betroffen zurück und doch droht sie innerhalb der Ausstellung in den Hintergrund zu geraten.

Darüber hinaus bleibt die Frage: Braucht es diese Sonderausstellungen für weibliche Kunst tatsächlich? Gleichheit bedeutet, etwas denselben Stellenwert einräumen. Ausstellungen wie „Queensize“ rücken dagegen zunächst das Geschlecht in den Mittelpunkt. Sie messen ihm eine Bedeutung bei, die es an anderer Stelle wieder zu bestreiten gilt.

Was zählt ist das Konzept

Sinn machen Sonderpräsentationen weiblicher Künstler besonders dann, wenn sie den Blick auf vormals unbeachtete Gruppen lenken. Gut funktioniert habe dies etwa 2011 bei der Ausstellung „Power Up. Female Pop Art.“ der Kunsthalle Wien, findet Hannah Kruse. Damit weibliche Kunst nicht in einen sensationsheischenden Kontext gesetzt werde, brauche es viel Feingefühl. „Wesentlich ist immer die kuratorische Idee und Struktur“, gibt sie zu bedenken. Dann können Sonderausstellungen eine wichtige Hilfestellung für künftige Entwicklungen sein. Das Bild von der Rolle der Frauen in der Kunst – es muss sich erst noch herausbilden. Wer die Möglichkeit hat es mitzugestalten, muss sich dieser Verantwortung bewusst sein.

 

Titelbild: Daniela Rossell, Inge and her mother Emma in living room, 2000 © me Collectors Room

FacebooktwitterFacebooktwitter

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert