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Die letzte Grande Dame

Sie hat mit Meistern wie Polanski, Buñuel und Melville gearbeitet und gilt selbst als Größe der Filmgeschichte. Zu Recht hat die 13. Französische Filmwoche in Berlin Catherine Deneuve mit einer Retrospektive geehrt. 

Retrospektiven sind oftmals die begehrtesten Tickets eines Filmfestivals. Umso mehr, wenn es Filmreihen sind, die sich mit Ikonen der Filmgeschichte befassen. In Berlin blickte die diesjährige Französische Filmwoche (5. bis 11. Dezember) auf genau solch eine beeindruckende Persönlichkeit zurück, die zeitgleich zum Festival einen europäischen Filmpreis für ihr Lebenswerk erhielt: Catherine Deneuve.

Die französische Schauspielerin sagte über Letzeres, dass man solche Auszeichnungen nicht unbedingt an Personen vergeben sollte, die noch am Leben sind. Ob die 70-Jährige das ernst gemeint hat, darüber lässt sich streiten. Schließlich hat sie den Preis ja akzeptiert. Eins ist jedoch klar: ihre Karriere und sie selbst sind weit weg vom (Aus)sterben.

Im Kino Arsenal wurden 12 ihrer Werke gezeigt und bewundert. Filme wie Die Regenschirme von Cherbourg (Jacques Demy, 1964), Ekel (Roman Polanski, 1965) oder Belle de Jour – Schöne des Tages (Luis Buñuel, 1967) sind allesamt Klassiker und gehörten wie selbstverständlich zum Programm. Doch die Rolle der nichtssagenden, geheimnisvollen Schönheit spielte die Darstellerin am unvergesslichsten in François Truffauts Die letzte Metro (1980).

Natürlich hilft die Geschichte des Filmes für diese bestimmte schauspielerische Leistung. Deneuve spielt Marion Steiner, eine Theaterkünstlerin während der Nazi-Besetzung von Paris. Ihren jüdischen Ehemann, den renommierten deutschen Theaterregisseur Lucas Steiner (Heinz Bennent), muss sie während der Kriegszeit im Keller des Theaters versteckt halten. Somit verliert er jeglichen Kontakt zur Außenwelt und manchmal, so scheint es in einigen Szenen, seinen Verstand. Keiner weiß außer Marion, wo Lucas sich aufhält. In seiner Abwesenheit, die keine wirkliche ist, leitet sie das Theater.

Dem Zuschauer wird in einer dokumentarischen Montage am Anfang erklärt, dass es für die Pariser aufgrund der nächtlichen Ausgangssperre der Nazis sehr wichtig ist, die letzte Metro nicht zu verpassen. Der Titel des Filmes bedient einen totemischen Zweck, da Marion eben nach der Abfahrt der letzten Metro, wenn alle anderen Menschen weg sind, endlich zu Lucas in den Keller kann.

„Sie ist nicht echt, diese Frau, sie hat etwas Unechtes“, sagt ihr Schauspielkollege Bernard Granger über sie, hier mit einer schneidigen Ausstrahlung vom Neu-Russen Gerard Depardieu gespielt. Aber in Die letzte Metro haben alle Charaktere etwas zu verbergen, sie alle haben etwas Unechtes an sich. Bernard ist nämlich nicht nur Künstler, sondern auch Mitglied der Résistance. Das Geheimnisvolle an Marion in diesem Film ist hingegen schnell enthüllt, Truffaut macht kein Rätsel daraus wen sie stets im Keller besuchen geht. Und trotzdem gelingt es Deneuve mit ihrem Markenzeichen, dem zurückhaltenden und reservierten Blick, dass man von dieser Figur immer mehr und mehr erfahren möchte.

Die Hommage an Catherine Deneuve kommt zu einer besonderen Zeit für Frauen im Film, insbesondere französische Frauen. Erst im Sommer gewannen Adèle Exarchopolous und Léa Seydoux die goldene Palme in Cannes für ihren Film Blau ist eine warme Farbe (derzeit im Kino). Die Jury war dermaßen begeistert von der starken Leistung der Frauen, dass sie nicht nur Regisseur Abdellatif Kechiche, sondern auch beide Schauspielerinnen auszeichnete. Auch jenseits der französischen Filmwelt verdient eine bestimmte Performance aus diesem Jahr eine Erwähnung: Sandra Bullock in Gravity. Sie allein, trotz der quasi-Anwesenheit von George Clooney, hat den Film getragen. Wohlgemerkt als Frau in Hollywood, für die starke Rollen immer spärlicher werden.

Und nun zurück zu Deneuve. Im Februar läuft in den deutschen Kinos Madame empfiehlt sich an, ein enttäuschend unausgereifter Streifen von Emmanuelle Bercot. Doch weil Catherine Deneuves Name das Poster ziert, würde man sich den Film ohne Vorwissen gerne anschauen. Schon auf der letzten Berlinale war man von Madame empfiehlt sich wenig überzeugt, von Deneuves purer Anziehungskraft allerdings einmal mehr angezogen.

 

Foto: Die letzte Metro © Filmverlag der Autoren

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Kategorie: Film

In Berlin aufgewachsen, in London Film studiert. In beiden Städten zu Hause. Heute Filmjournalist, morgen Filmemacher.

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