Gesellschaft
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Zu lange weggeschaut

Gute Kunst polarisiert, heißt es. Das gilt erst recht auch für die Kritik. Zehn Kritiker*innen – zehn Meinungen. Die Teilnehmer*innen des Mentorenprojekts Print haben sich von Regina Schmekens Fotoserie „Blutiger Boden. Die Tatorte des NSU“ zu einem Pro- und Contra-Pingpong inspirieren lassen. Die ausführlichen Kritiken lesen Sie im Anhang.

Regina Schmeken zeigt in der Ausstellung „Blutiger Boden. Die Tatorte des NSU”, wie der Terror die Wahrnehmung des Alltags unwiederbringlich verändert. Ihre Fotografien laden dazu ein, genauer hinzuschauen, auch wenn es sich nur um scheinbar harmlose Alltagsszenen handelt. Im Falle der NSU-Morde wurde zu lange weggeschaut. Daran erinnern die beunruhigenden Bilder. WEITERLESEN
Eleonora Renn

Regina Schmeken wollte mit ihren Fotografien nicht nur die Tatorte grausamer Morde zeigen, sondern der Opfern gedenken. Durch fehlende Biografien kommt in der Ausstellung jedoch kein Gefühl der Empathie auf. Fragen bleiben offen und die Ausstellung stumm. WEITERLESEN
Elena Berchermeier

Regina Schmekens dokumentarische Aufarbeitung der zehn NSU-Morde fordert eine längst überfällige Auseinandersetzung mit Tätern und Opfern. Ist man bereit, sich dieser zu stellen, leistet „Blutiger Boden. Die Tatorte des NSU“ Aufklärungsarbeit. Anderenfalls blickt man auf großformatige Schwarzweißfotografien willkürlicher Straßenszenerien. WEITERLESEN
Katja Andreae

Regina Schmekens Fotoinstallation provoziert beim Betrachter Zweifel am Gehalt des dokumentarischen Bildes. So sucht sie die Wahrheit mal zwischen Gitterzäunen, mal auf einem Schachbrettmuster auf, ehe sie die Enge in spiegelnden Pfützen potenziert oder in der Wölbung von Autoscheiben Bedeutung erkennt. Der Schatten im Raum lädt den Blickenden zu einer Séance mit dem Exponat ein, bei der Antworten meist ausbleiben.
Benjamin Freund

In schlicht gehaltener Präsentation zeigt Regina Schmeken ihre Fotografien der Tatorte des NSU. Für den Betrachter ist sie leer und voll zugleich. Sie lässt zu viel Raum für Interpretation und Gedanken. Damit gerät das eigentlich Wichtige in Vergessenheit: die Schreckenstaten des NSU mit zu vielen Todesopfern. WEITERLESEN
Christopher Land

Die Idee der Künstlerin geht in der Präsentation im Martin-Gropius-Bau verloren. Wo der Besucher sich eigentlich Zeit nehmen soll und will, sich mit den Taten des NSU auseinanderzusetzen, wird er dazu verleitet, lediglich an der Oberfläche zu kratzen. Zu eng hängen die einzelnen Fotografien beieinander, zu klein ist der Raum, zu unruhig die Atmosphäre.
Lena Völkening

Regina Schmekens Darstellungsweise ist ungewöhnlich. Die Künstlerin nutzt Fotografien menschenleerer Straßen, um bei den Betrachtern einen starken Eindruck zu hinterlassen. Sie immortalisiert die Erinnerungen an die Opfer der NSU-Angriffe. Der Raum einer Ausstellung bietet den perfekten Zugang, um die Intensität dieser Bilder zu spüren. Es ist, als ob das Gedenken an die Toten in den Räumen greifbar und unsterblich ist.
Georges Waked

Das Betrachten der Schwarz-Weiß Fotografien von Regina Schmeken löst erstaunlich wenig in einem aus. Die Tristesse der Tatorte spiegelt sich in den großformatigen Schwarz-Weiß Fotografien wider. Warum jedoch manche Bilder aus einer untersichtigen Perspektive aufgenommen wurden und somit die Perspektive des am Boden liegenden Opfers einnehmen und andere nicht, wird nicht deutlich. Das hinterlässt einen Eindruck von Willkür.
Isabella Nadobny

Der Fotokünstlerin Regina Schmeken geht es laut Pressetext „um das Gedenken an die Ermordeten“. Doch scheinen ihre Fotografien eher die Täter in den Mittelpunkt zu stellen, indem sie die Faszination, die vom Bösen ausgeht, reproduzieren. Das macht die Ausstellung stark – und gleichzeitig defizitär. WEITERLESEN
Charlotte von Bernstorff

Die Ausstellung ist eine Dokumentation des Vergessens der Opfer. Gleichzeitig ist die gezeigte Normalität das ehrlich Dramatische. Der Alltagstrott, der jäh durch ein Verbrechen gesprengt wird. Ein Gedankenspiel beginnt, das sich langsam aber stetig beim Betrachten der Bilder in Herz und Hirn schleicht. So finden die Gedanken doch noch den Weg zu den Opfern, wenn auch auf kurvigen Umwegen und mit viel Empathiebereitschaft und Zeit.
Kirsten Wilmes

Foto: Regina Schmeken / Martin-Gropius-Bau

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