Medien, Stimmen zum digitalen Wandel
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„Man vergewissert sich seiner eigenen Existenz“

Seit den späten 1980er-Jahren arbeitet Anna Anders als Video- und Medienkünstlerin. Nun lehrt sie Gestaltung des bewegten Bildes am Institut für Zeitbasierte Medien an der UdK Berlin.

Kulturschwarm: Wie häufig schauen Sie täglich auf Ihr Smartphone?
Anna Anders: Sehr oft. Ich würde sagen 20 Mal wäre der Durchschnitt. Wobei das vielleicht gar nicht so oft ist im Vergleich mit anderen, oder?

                                                        Könnten Sie auf Ihr Smartphone verzichten?
In dieser Welt eigentlich nicht. Was ich aber geschafft habe ist, dass ich zumindest keine Emails auf dem Smartphone lese. Da bin ich eisern.

Was zeigt die Startseite Ihres Smartphones?
Meine Startseite ist einfach eine schiefergraue Fläche mit Uhrzeit und Datum. Mehr brauche ich nicht.

Wie hat die Digitalisierung Ihre Arbeit geprägt?
Allein die Tatsache, dass ich inzwischen alle Produktions-Tools, wie Schnittprogramme, im eigenen Laptop mit mir herumtrage stellt eine enorme Veränderung dar. Das ist auf jeden Fall ein Gewinn, auch für Studierende um unabhängig zu sein. Zusätzlich werden wir aber auch abhängig von Softwareentwicklern, die den Zugang zu unseren Projektdaten sperren, wenn wir keine Lizenzgebühr zahlen. Damit haben uns diese Unternehmen in der Hand.

Ein Blick ins Jahr 2050. Welche Veränderungen wird es im digitalen Bereich bis dahin geben?
Da wage ich keine wirkliche Prognose, aber was den Bereich der bewegten Bilder betrifft, ist die Herstellung von Videos und Applikationen für „small screens“, also für das kleine, ständig zur Verfügung stehende Format, wie das von Tablets und Smartphones eine neue Herausforderung – und natürlich auch Virtual Reality. Bisher sind VR und AR eher in der Game- und Unterhaltungsindustrie beheimatet, aber hier muss noch viel experimentiert werden wie und in welchen anderen Bereichen VR und AR verwendet werden kann – auch für künstlerische Formate.

Wohin führt uns das Digitale – in die absolute Freiheit oder in die absolute Abhängigkeit?
Da würde ich schon eher sagen: in die Abhängigkeit. Vor allem ist das Digitale ein Kontrollorgan geworden – und das wird uns immer mehr bewusst. Aber es ermöglicht natürlich auch Freiheiten, z.B. die Freiheit den Standort frei zu bestimmen, an dem wir arbeiten wollen.

Welchen Einfluss haben Ihrer Meinung nach Smartphones auf unsere alltäglichen Momente?
Sie haben einen großen Einfluss. Insbesondere die Selfie-Kultur hat dazu geführt, dass man sich selbst und andere ständig bei Alltäglichkeiten beobachtet. Das zeigt, dass offensichtlich ein großes Interesse daran besteht, zu wissen was andere täglich tun. Man reflektiert dabei gleichzeitig sein eigenes Leben und vergewissert sich seiner eigenen Existenz.

Foto und Screenshot: Anna Anders

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