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Die Anti-Cocktailbar

Nicht für Jedermann! Nur für Verrückte! – Ann-Kathrin Riedl und Isabel Leonhardt über eine Nacht in der Larry Bar

Zuerst fällt der Blick auf einen Spruch, der mit weißer Farbe an das Schaufenster gekritzelt steht: Nicht für Jedermann! Nur für Verrückte!. Darunter strahlt in pinker Leuchtschrift „Bar“ hinaus in die Nacht. Und neben der Eingangstür lehnt eine Türsteherin mit markanten Gesichtszügen, die versucht sich mit ihrem bodenlangen Pelzmantel vor dem kalten Winterwind zu schützen.

Viel mehr lässt sich nicht erkennen von der Larry Bar in Berlin Mitte, ein schwarzer Vorhang verhindert jeden Blick in das Innere. Dennoch fühlt man sich angezogen wie die Motte vom Neonlicht – von der geheimnisvollen Szenerie, die am Rande der blank polierten Friedrichstraße aus der Reihe fällt.

Neon, Glitzer und Retrofeeling

Beim Betreten des Larrys tut sich eine glitzernde Parallelwelt auf: Hinter dem DJ Pult steht das Berliner Duo Anto Azzopardi + Casio Ono. Mit grellen Perücken, zotteligen Jacken und viel Eyeliner im Gesicht performen sie zu synthetischen 90er-Klängen. Die Einrichtung der Bar dagegen ist spartanisch und verströmt unfertigen Berliner Charme. Bunte Neonröhren leuchten von der Decke. Nur ein einfacher Holztresen befindet sich in der Mitte des Raums. Bei Bedarf kann er zur Seite geschoben werden, um eine Tanzfläche zu schaffen. An den Wänden der Bar hängen blinkende Spielautomaten und in einem Nebenraum kann auf einem Flipper gespielt werden. Alles Originale aus den 80er-Jahren, die Inhaberin Rebecca Brodsky von ihrem Vater, einem Automatenhersteller, übernommen hat. Wenn im nächsten Moment ein Filmteam die Tür öffnen würde, um vor dieser Kulisse die nächste Folge von Miami Vice zu drehen, käme das nicht überraschend.

„Die Bar ist nur so hässlich, damit ich schöner aussehe“, verkündet Brodsky, die sich mit Sonnenbrille, Hut und rauchiger Stimme perfekt in das Ambiente einfügt. Aber das trifft es natürlich nicht ganz. Das Larry ist nicht hässlich, es ist eben anders. Gefällig oder schick möchte hier niemand sein. Diese Attitüde erinnert an das Berlin der 90er-Jahre, als die Gegend rund um die Torstraße und den Hackeschenmarkt noch ein Hotspot für Künstler, Galeristen und DJs war und sich die kreative Szene auf wilden Partys, in den nach der Wende neu entstandenen Bars und Clubs, feierte.

Doch heute bietet das Larry damit einen Gegenentwurf zu den Mitte Bars, die allmählich alle gleich aussehen: schwarzes Leder, viele Spiegel, Kupferlampen und internationale Startup-Kids. Im Larry wird jedenfalls nicht gesittet am Glas genippt und das Dekolleté zurechtgezupft. Hier lehnen sich die Gäste mit dem Kopf über den Bartresen, um „Instant Margarita“ direkt in den Mund geschüttet zu bekommen.

Come as you are!

Foto 13.02.15 13 42 33 (1)„Alles, was nicht in ist“, wollte Rebecca Brodsky hier versammeln, als sie das Larry 2013 eröffnete. Lange war sie dafür auf der Suche nach einer geeigneten Location und wurde bei dem leer stehenden Ladengeschäft in der Chausseestraße fündig. Hier sollte sie entstehen – die „Anti-Cocktail-Bar“ von Berlin Mitte. Das Vorhaben ist gelungen. Das Larry ist heute ein Ort, an dem der unaufgeregte Spaß und nicht das Ego im Mittelpunkt steht. Eine Gästeliste gibt es deshalb ebenso wenig wie überteuerte Cocktails. Vielmehr wird Wert auf gute Musik gelegt – von Glamrock bis zu Retro-Techno, den oft befreundete DJs auflegen. Alles folgt dem Motto „Don’t hang out the Larry“ („Spiel dich nicht so auf!“). Diese Mahnung musste sich Rebecca als Kind oft von ihrem Vater anhören.

Es ist Rebecca Brodsky anzumerken, wie viel von ihr selbst in dieser Bar steckt. Das überträgt sich auf die Atmosphäre und macht das Larry zur perfekten Adresse für Exzentriker und Menschen, die in familiärer Atmosphäre feiern wollen. Das kann hier übrigens bis in den frühen Morgen dauern. denn geschlossen wird erst, wenn auch der letzte Gast gegangen ist. Getreu dem Motto: „Alles, was es zu einer guten Party braucht, ist der Exzess!”

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