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Geschichte, Kunst und Straßenschlachten

Der U-Bahnhof „Deutsche Oper“ der Linie U2 hat viel durchgemacht: vier Umbenennungen, die 68er Bewegung und ein Brand haben ihm sein heutiges Gesicht gegeben. Ein Portrait

U-Bahnlinie U2 Richtung Ruhleben, circa drei Uhr morgens: Müde und betrunken sind die Menschen, die von einer durchzechten Nacht aus Kreuzberg kommend einfach nur noch nach Hause wollen. Sie müssen trotzdem jetzt schon aussteigen – am U-Bahnhof Deutsche Oper. Es wird gebaut. Nachts ist Pendelverkehr. Man ist genervt.

Der U-Bahnhof „Deutsche Oper“ ist kein U-Bahnhof zum Umsteigen, keine andere Linie kreuzt hier. Er wird gerne vergessen. Das liegt vor allem daran, dass er meist nur mit dem altbackenen 50er Jahre-Betonklotz, der die Deutsche Oper darstellt, in Verbindung gebracht wird. „Hässlich“ schimpfen ihn die einen, ein „Stück westberliner Geschichte“ nennen ihn die anderen. Das westberliner Gegenstück zur Staatsoper ist er auf jeden Fall.

Namensgebend ist die Deutsche Oper erst seit ihrer Eröffnung 1961. Insgesamt viermal wurde der Bahnhof umbenannt: 1906 erbaut, hieß der Bahnhof zunächst „Bismarckstraße“. Obwohl hier schon immer ein Opernhaus stand – das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Städtische Opernhaus Charlottenburg – bekam der Bahnhof erst 1929 erstmals den Namen „Städtische Oper“. Die dritte Umbenennung kam 1934: Die Station hieß bis 1961 „Deutsches Opernhaus“.

Traurige Berühmtheit hat die Station am 2. Juni 1967 erlangt. Bei einer Demonstration gegen den Besuch des Persischen Schahs wurde hier im Tumult der Student Benno Ohnesorg vom Polizisten Karl-Heinz Kurras aus nächster Nähe erschossen. Dieses Ereignis trug wesentlich zur Radikalisierung der Studentenbewegung bei. Seit 1990 steht neben dem Operngebäude das Gedenk-Relief „Der Tod des Demonstranten“ des österreischischen Künstlers Alfred Hrdlicka.

Nach einem Zugbrand während der Loveparade im Jahr 2000 wurde der Bahnhof in den Zustand von 1906 zurückversetzt und ist seit 2002 vollständig der Kunst verpflichtet. Kubistisch anmutende, freskenartige, bunte Fliesenanordnungen des portugiesischen Künstlers José de Guimarães geben dem Bahnhof das Besondere, das er so lange vermisst hatte. Grund genug also, ruhig einmal freiwillig auszusteigen – auch nachts um drei.

 

Foto: Jaan-Cornelius K. auf flickr.com

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