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Ein Schwede in Berlin

U-Bahnhof Klosterstraße, Foto: damian entwistle, Quelle: Flickr

Klosterstraße, Wittenbergplatz, Eberswalder Straße, Alexanderplatz: Auf den Spuren des Architekten der Berliner U-Bahnhöfe, Alfred Grenander

Meister der U-Bahnhöfe: der schwedische Architekt Alfred Grenander

Meister der U-Bahnhöfe: der schwedische Architekt Alfred Grenander

Gelbe Keramikfliesen umranden das weiße Blechschild mit der Aufschrift „Hermannplatz“. Die Wände des U-Bahnhofs sind flächendeckend mit grauen und gelben Fliesen tapeziert. Dieses Prinzip der Kennfarbe, das sich in Fliesen, Stützen und Bildumrahmungen vieler Berliner U-Bahnhöfe widerspiegelt, war ein charakteristisches Merkmal des schwedischen Architekten Alfred Grenander (1863-1931). Die Fahrgäste sollten mit nur einem Blick aus der U-Bahn erkennen können an welcher Haltestelle sie sich gerade befinden. Weitere Stilmittel des Berliner U-Bahn-Architekten waren genietete Stahlstützen und besondere Lichteffekte, wie etwa an der Haltestelle Alexanderplatz. Obwohl die Stilelemente Alfred Grenanders noch heute die Berliner U-Bahnhöfe prägen, ist der Architekt in Vergessenheit geraten.

Vom Jugendstil bis zur Neuen Sachlichkeit

Seit Baubeginn der Berliner U-Bahn um 1900 war der schwedische Architekt Alfred Grenander maßgeblich an der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur beteiligt. Er bestückte die kahlen Stahlstützen der ersten Hochbauviadukte mit Ornamenten, entwarf Kassenhäuschen und Eingangsportale für U-Bahnhöfe. Seine frühen Arbeiten waren vom zeitgenössischen Jugendstil geprägt. Dieser brachte mit den dekorativen Künsten eine Neugestaltung von alltäglichen Dingen, eine neue Verbindung zwischen Kunst und Leben.

Mit der Fertigstellung der „Stammstrecke“ 1902, von der Warschauer Brücke bis zum Knie (heute Ernst Reuter Platz), wurde Alfred Grenander zum Hausarchitekten der Gesellschaft für elektrische Hoch- und Untergrundbahnen Berlin ernannt. Der Bau des U-Bahnhofs Wittenbergplatz 1913 gilt als sein Hauptwerk. Die Säulen an der Hausfront und die symmetrische Innenarchitektur der Eingangshalle erinnern an den Neoklassizismus. Alfred Grenander ließ sich von den aufstrebenden Stilrichtungen der Architektur seiner Zeit inspirieren, baute seine Bahnhofsgebäude aber nach ganz eigenen Maßstäben und setzte persönliche Akzente.

Als Mitbegründer des Deutschen Werkbundes machte sich Grenander für eine neue Ästhetik und Formensprache in der Architektur stark. Der Deutsche Werkbund setzte sich zum Ziel, eine adäquate Gestaltungsweise der kunstgewerblichen Industrieproduktion voranzutreiben. Material und Form wurden dem Zweck des Objektes angepasst. Der Wandel zum modernen Stil in den 20er Jahren, auch „Neue Sachlichkeit“ genannt, zeigte sich in Grenanders U-Bahnhöfen durch die Farbräume, die funktionalen Grundrisse, einfachen Stahlstützen und durch Lichteffekte. Er verstand es, Technik und Kunst – den Nutzen und die Ästhetik – zu verbinden.

Das Oeuvre Grenanders

1863 in Skövde, Schweden, geboren, kam Alfred Grenander 1885 nach Berlin, um an der Technischen Hochschule Architektur zu studieren. Elf Jahre später gründete er zusammen mit seinem Schwager Otto Spalding das Architekturbüro Spalding und Grenander. Seine ersten Bauten waren damals Landhäuser und Villen, für die er auch die Inneneinrichtung gestaltete. An der Weltausstellung von 1904 präsentierte er hochwertige Möbel, wie etwa eine Sitzgruppe für ein Damenzimmer. Zu seinen Werken zählten ebenso Verwaltungs- und Firmengebäude, Kioske oder U-Bahnwagen. Sein Lebenswerk blieb allerdings die Gestaltung von über 70 U-Bahnhöfen in Berlin zwischen 1902 und 1930. Von den Baukonstrukten über die Lichteffekte und Farbgestaltung bis zu den Bänken auf dem Bahnsteig bildeten sie jeweils ein Gesamtkunstwerk.

Obwohl Alfred Grenander mit seiner einzigartigen Formgestaltung ein wichtiger Wegbereiter der Moderne war und Berlins Entwicklung zur modernen Architekturmetropole vorantrieb, gehörte er lange zu den Unbekannten. Erst in jüngster Vergangenheit bemühte man sich vermehrt um die Anerkennung seiner Werke. 2006 zeigte das Deutsche Technikmuseum Berlin eine umfassende Sonderausstellung über den Architekten und der Platz vor der U-Bahnstation Krumme Lanke wurde 2009 in „Alfred-Grenander-Platz“ umbenannt. Am Alexanderplatz erinnert heute eine Gedenksäule an den 150. Geburtstag des schwedischen Architekten.

 

 

Beitragsbild: damian entwistle, Quelle: Flickr
Porträt: u-bahn-archiv.de

Bildergalerie:
Foto 1: Silva Schnurrenberger
Foto 2: John H, Quelle: Flickr
Foto 3: IngolfBLN, Quelle: Flickr
Foto 4: IngolfBLN, Quelle: Flickr
Foto 5: Silva Schnurrenberger
Foto 6: Sludge G, Quelle: Flickr

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