Musik
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Mit Stimme, Schnaps und Strom

L’aupaire machen Halt in Berlin: Ein kuscheliges Konzert – nicht ohne Komplikation

„Wir sind L’aupaire. Wir freuen uns, dass ihr alle hier seid und wir haben technische Probleme. Kennt sich jemand aus mit Strom?“

So kann ein Funke überspringen. Musikalisch war das schon längst passiert. Vor drei Liedern und mit dem ersten Ton. Das war ein Rascheln. So subtil, dass man meinen konnte, sich getäuscht zu haben. Wenige Sekunden lang, ehe das Rascheln mehrstimmig wurde, durch Rasseln und Schellen, und dem alles durchdringenden Schlagzeug.

Beinahe überrascht scheinen die Jungs von der Masse der Menschen, die dichtgedrängt und ineinander verschmolzen hören wollen und sich treiben lassen, die Augen schließen und sichtlich genießen.  “Wir können ja durchwechseln – nach der Hälfte”, ruft Sänger Robert vor Beginn des zweiten Songs durchs Mikro und meint damit das Rotieren der Glücklichen, die einen vorderen Platz ergattern können. Ja, es ist eng hier, aber das stört keinen. Und das liegt nicht nur am Glühwein.

Irgendwo zwischen Bob Dylan und Beirut

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Kuschelfaktor in der Waffelkaffel: L’aupaire in Berlin

Mit seinem Soloprojekt startet der Gießener Singer-Songwriter Robert Laupert nun seine erste Tour. In Gießen, Hannover und Hamburg war er schon, an diesem Montagabend macht er Halt in Berlin. In Neukölln, in der Waffelkaffel, mit würzigem Glühwein, dem süßen Geruch von frischen Waffeln, kaltem Bier und wärmster Atmosphäre. Alleine spielt Robert hier nicht; spontan suchte er sich musikalische Unterstützung: “Karsten hab ich erst einen Tag vor Beginn der Tour kennengelernt”, sagt Robert im Gespräch, ” und jetzt sind’s eben meine Jungs”, stellt er schmunzelnd und sichtlich zufrieden fest. Zu Recht. Während Jonathan Reiter mit Drums und Retro-Melodica die ersten Songs zum Leben erweckt, stimmt Karsten Brudy wahlweise mit E-Gitarre, Trompete und Pedal-Steel ein, ehe Robert das Ganze perfektioniert: Seine Stimme ist stark, hat Charakter und erinnert an längst vergangene Tage, mal lässig, mal rotzig, mal zart.

Mischergebnis: Schöne Ironie 

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“An manchen Songs hab ich nur 15 Minuten geschrieben, an anderen ein ganzes Jahr gefeilt”:
Robert/L’aupaire

“Dass ich singen kann, habe ich irgendwie so beiläufig bemerkt”, meint Robert. Mit der Musik angefangen hat er mit 16, sich mit 17 das Gitarre Spielen selbst beigebracht, ” und dann war ich süchtig”. Klavier, Bass und Saxophon folgten. Sein liebstes Instrument allerdings ist die Pedal-Steel, ein in den 30er Jahren in den USA entwickeltes elektrisches Zupfinstrument, das häufig im Bereich der Country-Musik Verwendung findet. “Es erzeugt eine Fläche, eine ganz spezielle Farbe, die sich gut mit anderen Farben mischen lässt”, schwärmt Robert. Und tatsächlich: Mischt Karsten die Trompete inklusive Schalldämpfer mit den durchdringenden Drums von Jonathan, kann aus “stark” ganz schnell “zart” werden. Setzt dann die Pedal-Steel ein, bekommt das Ganze eine merkwürdig schöne, ironische Note.

Diese Ironie zeigen die Jungs auch ohne Musik: “In Hannover war’s sehr leise, deswegen müsst ihr jetzt einen trinken. Schnaps auf unsere Kosten”, ruft Robert nach einigen Liedern durchs Mikro. Das Tablett der Kurzen dreht seine Runden, während er mit rauchiger Stimme “Nothing on my mind” anstimmt. Alle lächeln, die Jungs sind ehrlich, die Musik ist wahrhaftig, aber niemals kitschig.

Ébredés heißt die Tour. Das ist Ungarisch und bedeutet Aufbruch. Um das, so scheint es, zu demonstrieren, steht Robert im letzten, melancholisch-introvertierten Song erstmals auf. “Hold on” singt er, so als wolle er sagen: “Es war ein schöner Abend, Leute, aber das war wirklich erst der Anfang.”

Hier gibt es die Musik zum Text: “Always travelling” 

und ein Ausschnitt vom Konzert in Leipzig:

Fotos: Jan Eric Euler; sophie krische fotographie

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