Musik
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Zwölf Freunde sollt ihr sein

Wer kennt sie nicht, die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker. In den vierzig Jahren ihres Bestehens haben sie sich als externe Gruppierung erfolgreich vom Gesamtkontext der Berliner Philharmoniker gelöst. Ihr Erfolg ist das Konzept „Cello pur“.

Seit dem 25. März 1972 erklingt die Formation nun schon. Obwohl sie durch Ausscheiden alter und Hinzukommen neuer Kollegen sich ständig verändert, ist eines immer gleich geblieben: Das gemeinsame Musizieren auf höchstem Niveau. Das zeigen auch die beiden DVDs, herausgegeben bei EuroArts, zum Jubiläum. Wer das Jubiläumskonzert des Ensembles am 9. Mai 2012 verpasst hat, hat auf der ersten DVD Gelegenheit, das Erlebnis nachzuholen. Denn es ist etwas anderes, die 12 Cellisten zu sehen, als sie nur zu hören. Allein die Sitzordnung der zwölf ist optisch einfach schön: Wie die Ritter der Tafelrunde sitzen sie im Halbkreis, ihre Instrumente zwischen den Knien.

Cello pur mit 12 Cellisten

Doch halt: Es sind nicht nur Ritter! Auch zwei Damen haben seit Neuestem Einzug in das Ensemble gehalten, eine Französin (Solène Kermarrec) und eine Britin (Rachel Helleur). Und wenn man einmal genau nachzählt, sind die 12 Cellisten dadurch inzwischen dreizehn geworden. Doch das tut ihrer Popularität natürlich keinen Abbruch – der große Saal der Berliner Philharmonie ist gut gefüllt. In den fast zwei Stunden Konzert bringt das Ensemble sowohl „Evergreens“ und Herzstücke seines Repertoires wie „Yesterday“ von den Beatles und „Round midnight“ in Kombination mit Trompeter Till Brönner zu Gehör, als auch neue Experimente. So hat es die Mezzosopranistin Annette Dasch, gebürtige Berlinerin, dazu eingeladen, unter anderem der legendären Edith Piaf durch „la vie en rose“ eine Stimme zu verleihen.

Auch Filmmusik darf an diesem Konzertabend nicht fehlen. Neben dem zärtlichen Hymnus „Une femme est une femme“ aus dem gleichnamigen Film von Jean-Luc Godard erklingen auch „männliche“ Töne des Soundtracks zu „Spiel mir das Lied vom Tod“ von Sergio Leone.

Doch was ist das Besondere an der Einspielung von Klassikern durch die 12 Cellisten? Es ist wohl das Motto „Einer für alle, alle für einen“. Gleichberechtigt und einträchtig sitzt das Ensemble in seiner Formation. Hierarchien scheint es nicht zu geben, jeder und jede Einzelne hat Solopassagen, die es zu bewältigen gilt. Kommunikation erfolgt, das zeigt diese DVD besonders deutlich, über intensiven Blickkontakt, gemeinsames Schmunzeln und gemeinsames sich-in-der-Musik-wiegen. Solistische Passagen werden gefühlvoll vom Rest des Ensembles begleitet, jede Eigenart des Spiels wird adäquat berücksichtigt. Es herrscht Harmonie an diesem Konzertabend.

Neben diesem Mitschnitt bietet das Ensemble dem Käufer noch eine Dokumentation zum Werdegang und zur Arbeit der 12 Cellisten an. Produzent der 56-Minuten-Doku ist Enrique Sánchez Lansch, der auch den Dokumentarfilm „Ouvertüre 1912 – Die Deutsche Oper Berlin“ zum 100jährigen Jubiläum des Opernhauses drehte, und damit viel Beachtung fand.

Wer sich von der Dokumentation über die 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker harte Fakten zum Ensemble und seiner Entstehungsgeschichte erhofft, wird enttäuscht. Das Booklet zur DVD ist weitaus informativer, was historische Hintergründe und Personalien anbelangt. Der Film stellt vor allem die neuesten Reisen und Arbeiten (unter anderem die Uraufführung eines Werkes von Sofia Giubaldina) in den Mittelpunkt. Der eingeflochtene Bericht über die Reise des Ensembles nach China erinnert ein wenig an den Film „Trip to Asia“. Historisch wird es lediglich, als man anlässlich des 70. Geburtstages von Götz Teutsch, langjähriges Ensemblemitglied, das Zusammentreffen alter und neuer Mitglieder filmt.

Doch auch dieses „Familientreffen“ lässt viele Fragen offen. Wie ist es, einer der zwölf zu sein? Wie viel Stress und zusätzliche Arbeit bedeutet der „Ritterschlag“? Wie geht man mit der Situation um, plötzlich zu dreizehnt zu sein? – Der Film hätte all diesen Fragen noch tiefer auf den Grund können. Dann wäre ein befriedigendes Porträt entstanden. Das Ensemble ist würdig, ein solches Porträt zu erhalten.

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