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Im siebten Geigenhimmel trifft Klassik auf Rock

Klassische Musik mal anders. Durch Crossover-Kompositionen wird Beethoven neu interpretiert. Aber auch Rockmusik auf der Violine ist beliebt. Am Wochenende spielte Star-Geiger David Garrett samt Band und Orchester in der ausverkauften O2-World in Berlin.

15.000 Menschen auf der Suche nach Unterhaltung. Als Außenstehender konnte einen die Szenerie am Berliner Ostbahnhof durchaus skeptisch anmuten. Ein überwiegend älteres Publikum, gut gekleidet, strömte neutral dreinblickend in die O2-World. Da fragte man sich: Kann das gut gehen? Wissen alle, dass das Programm „Rock Anthems“ und nicht „Classic Anthems“  heißt? Ja, das wussten alle. Kaum Platz für Klischees, dafür einiges an Platz für plakative Massenunterhaltung. Nur irgendwie anders. Irgendwie durchmischter. Irgendwie crossover.

Virtuose Kompositionen aus dem Bogen David Garretts

Lahmes Publikum, gelungene Kompositionen

Fast pünktlich, kurz nach 20 Uhr, fiel der große rote Bühnenvorhang. Streicher setzten ein und ein langhaariger, blonder Rocker mit Violine freute sich auf das Konzert. Sein Konzert. David Garrett, unkonventionell und nah am Volke- spielte, zupfte, lächelte wie ein junger Gott. Besser: Wie Schwiegermutters Liebling, trotz Rockerstiefel an den Füßen und Totenkopfringe an den Fingern. Zahlreiche Anekdoten aus dem Tourleben dienten der Unterhaltung. Das Publikum schien von der Show begeistert, ließ diese Begeisterung typisch berlinerisch raus- also kaum bis gar nicht. Rock´n´ Roll-Stimmung kam nicht auf. Garrett ließ sich dadurch nicht entmutigen. Zusammen mit einem sehr präsenten Drummer, einem gewitzten Gitarristen, einem klassischen Pianisten und mittelgroßem Orchester spielte er bekannte klassische Stücke von Beethoven, Clementi oder auch Corelli. Alles getragen von eingängigem Rocksound. Der verstorbene Nirvana-Frontmann Kurt Cobain wurde mit „Smells Linke Teen Spirit“ auf der Geige nachempfunden, Queen´s „We Will Rock You“ keineswegs vergeigt, dafür zum Beatles-Song „Let It Be“ trotz Aufforderung seitens der Band nicht mitgesungen.

Das Problem mit dem Spannungsbogen

Der Veranstaltung konnte man außer der Entzauberung durch die Massenveranstaltung kaum etwas vorwerfen. Die Musik war spitzenklasse, die Musiker übermotiviert. Dass die O2-World fast immer auch bis in die letzten Reihen ordentlichen Sound liefert, ist ebenfalls bekannt. Nur eines störte gewaltig: Die Angelegenheit mit dem Spannungsbogen. Kurz nach großartigen Beethovenklängen eine 15-Minuten-Pause einzulegen, war äußerst ungünstig gewählt. Die Luft war sprichwörtlich raus, die besten Songs bereits gespielt, das Publikum vom in der Pause erstandenen Bier müde. Bevor die Zugabe einsetzen konnte, strömten viele bereits in Richtung Ausgang. David Garrett bedankte sich dennoch höflich, zeigte sogar so etwas wie Bewunderung für die riesige und auch ausverkaufte Location. Im siebten Geigenhimmel traf Klassik auf Rock. Wohldosierter Mainstream mit hervorragenden Musikern. Das Publikum verharrte vielleicht gedanklich irgendwo beim nervigen Pendelverkehr der Berliner S-Bahn.

 

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