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Wir waren auf der re:publica! Splitter

Bild: Christopher Kammenhuber

Wir haben die Web- und Medien-Konferenz re:publica in Berlin besucht. Und hier unsere Erlebnisse verfasst.

F*UCKING TECHNOLOGY! MAKING LOVE WITH MACHINES

F*ucking technology! Making love with machines – Der hervorstechende Titel lockt das Publikum und füllt den kleinen, düsteren Saal abseits des re:publica – Geländes. Maya Ofir Magnat, performance artist und sex educator, spricht von Sexualität und Technologie – und das in einem Satz. Später schmelzen die Begriffe sogar zu einem Wort zusammen: „sextech“. Sie fragt warum Sex in unserer Gesellschaft omnipräsent und trotzdem noch ein Tabu sei. Ihre Themen reichen von Sextoys, Pornos und Videospielen. Ein Video zeigt wie Menschen mit Hilfe einer Virtual Reality Brille Sex haben (ansehen) können. „It´s between having sex and wanking“ – so die Konklusion eines begeisterten Probanden. Anschließend stellt sie die von Cindy Gallup gegründete Plattform makelovenotporn.com vor, die den Unterschied zwischen echtem Sex und unrealistischen Porno verdeutlichen soll. Mayas Favorit „Beautiful Agony“ hingegen zeigt die Gesichter („O-faces“) von Menschen während sie Masturbieren und stellt somit echte Gefühle gegen Mainstream-Pornos. Ihre Warnung: Technologie kann uns auch auseinanderbringen, wenn wir nicht Acht geben – „killer of intimacy“. Daher appelliert sie ans Publikum die Technologie zu nützen um unsere Sexualität zu befreien – und vielleicht einfach mehr darüber zu sprechen. Der Titel der Veranstaltung hält was er verspricht.

Von Katharina Rustler

 

TRADING BOTS IM GLOBALEN FINANZ-CYBERSPACE

Das Bild vom Börsenparkett mit gestressten, lauten und permanent am Telefon hängenden Anzugträgern gehört der Vergangenheit an. Heute läuft ein Großteil des Börsenhandels in riesigen Rechenzentren am Rande der internationalen Finanzmetropolen ab. Die neuen Akteure in diesem komplexen und adaptiven Finanzsystem sind sogenannte Trading Bots – hochfrequente, algorithmische Computerhändler und schneller als ein Börsenmakler je sein kann. In Millisekunden jagen sie Börsenprodukte rund um den Globus. Als wären die Frage der politischen Regulierung von globalen Finanzmärkten nicht schon schwierig genug, stellen Trading Bots die Beteiligten vor neue Herausforderungen.

Die These des Netzaktivisten und Journalisten Michael Ehrenhauer lautet „Moderne Finanzpolitik ist Netzpolitik“. Während Kritiker in den Trading Bots eine Gefahr für die Märkte sehen, betonen Technologieunternehmen wie das niederländische Flowtraders aus Amsterdam den Mehrwert der neuen Möglichkeiten, der sich hauptsächlich in einem äußerst lukrativen Geschäft für sie selbst äußert.

Anhand von drei Kriterien erörterte Ehrenhauser den Nutzen von Trading Bots für die Realwirtschaft: Volatilität, Liquidität und Preisbildung. Dabei kam er So profitierten Trading Bots von starken Kursschwankungen, die Technologieunternehmen gehörten zu den Profiteuren von Finanzkrisen. Sie generierten auch kein neues Geld, sondern schnappten es den langsameren Handelsakteuren wie Pensionsfonds oder Versicherungen weg, was diese anderweitig wieder in die Kassen holen müssten. Durch Beitragserhöhungen zum Beispiel.

Die Politik, so Ehrenhauser, sei mit solchen Handelssystemen überfordert. Reguliert werden müssen sie auf jeden Fall, damit nicht erneut in größerem Ausmaß ein paar wenige zulasten vieler profitieren.

Von Ina Hildebrandt

 

JAHRMARKTSBÜDCHEN

Neben all den Ständen auf der re:publica, die sich mit der Zukunft des Netzes beschäftigen, haben sich offenbar unbemerkt mindestens zwei fragwürdige Jahrmarktsbüdchen eingeschmuggelt. Deren Bezug zum Netz muss dem Laien verborgen bleiben. Das sind zum Beispiel die Stände der Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern. Und das in Berlin. Ausgerechnet. Charme-Offensive oder bewusste Unterwanderung? Der Ba-Wü Stand versucht jedenfalls, seine ahnungslosen Opfer mit Slogans wie „Willkommen im Land mit der höchsten Lebenserwartung“ und „Job? oder Nicht Job? – Das ist hier keine Frage“ zum Umzug in den Süden zu bewegen. Vor dem Stand sitzt eine junge Frau mit sehr weißen Zähnen und langen, schimmernden Haaren und man glaubt ihr sofort, dass sie einen Job hat. Für Unentschlossene gibt es als Entscheidungshilfe ein gebrautes Ba-Wü-Bier aus mannshohen Kühlschränken. Nebenan steht der Bündnispartner Bayern. Da hat man ein Bälle-Bad-Becken aufgebaut mit weißen und blauen (Farbsymbolik!) Bällen drin. Wenn man sich in Ba-Wü so richtig einen angetrunken hat, kann man dort seine kleinen Kinder in hohem Bogen reinschmeißen, das Ganze fotografieren und im Netz unter #baellebad posten. Wird auch gemacht. Re:publica, I hoab di so lieb.

Von Eva Marburg 

 

ONLINE RADICALISATION – MYTHS AND REALITY

In dem Vortrag Online Radicalisation – Myths and Reality von Prof. Peter Neumann ging es um Forschungsergebnisse des International Centre for the Study of Radicalisation am Londoner King´s College. Forschungsgegenstand waren Facebook-, Twitter- und Instagram-Profile von Briten, die nach Syrien und in den Irak gegangen sind, um dort als Dschihadisten, größtenteils für den IS, zu kämpfen. Wurden sie über das Internet radikalisiert? Nein. Zumindest nicht die meisten von ihnen.

Auch wenn der IS das Internet dafür nutzt, eine große Masse zu erreichen und die Ängste der Bevölkerung zu schüren, rekrutiert wird in der Regel in den eigenen Kreisen: 2/3 der aus England stammenden Dschihadisten führten bereits enge Freundschaften miteinander, bevor sie sich dazu entschlossen, in den Krieg zu ziehen. Das Internet unterstützt diese Vernetzungen natürlich, Grund allein ist es jedoch nicht. Aus diesem Grund ist es laut Neumann wichtiger, das Internet dazu zu nutzen, mehr über die Extremisten zu lernen und sie zu beobachten, anstatt Kommunikationswege zu cutten, die ohnehin einige Zeit später an anderer Stelle wieder errichtet werden.

Von Yannah Alfering

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Kategorie: Medien

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