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Das Ende des Buches?

Er ist ungemein praktisch und inzwischen ebenso technisch ausgereift, wie auch wirklich günstig geworden: Der E-Reader. Nur was passiert mit der Kultur des Lesens, wenn sie plötzlich digital wird?

Der Geruch eines frisch gedruckten Buches, das Gefühl des Covers, das man in den Händen hält und das Rascheln, wenn man die Seiten umschlägt. Empfindungen , die aus der Kindheit ins Erwachsenendasein hineingerettet wurden. Gut, das man inzwischen alt genug ist, derlei oberflächliche Sentimentalitäten beiseite zu wischen und die Vorzüge des neuen digitalen Buchformates anerkennt.

Fast Reading

Auf den Punkt gebracht: So ein E-Reader passt in jede Handtasche, wiegt gerade einmal 180 Gramm und bietet dabei Platz für rund 2000 Büchern. Er macht das Leben bequem, flexibel und man kann ihn überall mit hinnehmen. In der heutigen von Konsum und Technik verwöhnten Gesellschaft kann es ja bekanntlich nie schnell genug gehen. Gelesen wird heute nicht mehr zu Hause, sondern zwischen Tür und Angel, im Bus oder in der Bahn. Passend zu dieser neuen Hektik bietet das kompakte Format des E-Readers viele Vorteile. Warum auch immer man über 2000 Bücher während einer Bahnfahrt oder selbst im Urlaub braucht, sei mal dahingestellt, dafür sind die integrierten Wörterbücher auf Reisen zu praktisch. Auch Leuten, die Sonntagnacht um drei Uhr nicht mehr schlafen können, weil sie unbedingt die Neuerscheinung ihres Lieblings-Romanserie lesen müssen, wird Abhilfe geschaffen, mit Buchdownloads noch vor dem eigentlichen Erscheinungsdatums in Papierform. Und das Beste dabei: mehr als 99 Cent bis drei Euro muss man hierfür meist auch gar nicht mehr ausgeben.

Hauptsache Lesen?

Immerhin, das digitale Lesen hat die durchschnittliche Lesedauer pro Tag von 35 auf 47 Minuten erhöht. Nachdem Lehrer und Co. immer jammern, wie wenig heutzutage noch gelesen wird, ist das doch ein Fortschritt. Ein geschriebenes Wort bleibt ja ein geschriebenes Wort, ganz gleich, ob auf dem Papier oder auf dem Bildschirm – oder etwa nicht?

Seit das Internet für alle öffentlich zugänglich ist, verändert sich das Konsumverhalten der Menschen in Bezug auf die Kultur zunehmend. Ein Paradebeispiel dafür ist die Musikszene. Mit der Erfindung des MP3-Formats wurden Songs zu datentechnisch zusammengestauchten Tracks reduziert, schließlich machten es Musikplattformen wie Itunes möglich, innerhalb von Sekunden zu konsumieren, kopieren, wegzuschmeißen, neues zu finden und wieder zum nächsten weiter zu ziehen. Die Werke von Musikern – ihre Arbeit – verkommen zu selbstzusammengestellten Tracklists austauschbarer Hintergrundmusik und zu beiläufigem Gedudel während Autofahrten, Spaziergängen und Hausparties. Oder wer setzt sich heute noch ernsthaft hin und hört eine Schallplatte oder zumindest eine CD „am Stück“ um einen umfassenden Eindruck von dem Gesamtwerk zu erhalten?

Ein Stück Kultur zum Wegwerfen

Ein vergleichbares Schicksal kann so auch der Literatur drohen. Passend zum Jahrtausendwechsel veröffentlichte Stephen King als erster Schriftsteller seine Erzählung „Riding the Bullet“ ausschließlich digital. Sieben Jahre später war das E Ink erfunden, jetzt gibt es mit Kindle, Tonlino und Sony ein ständig wachsendes Angebot von digitalen Büchern auf dem Markt. Jeder kann sie ständig und überall konsumieren. Dabei entmaterialisiert sich jedoch sein Wert und das geschriebene Wort wird zu einem Wegwerfprodukt.

Man kann jetzt von einem sozioökonomischen Wandel sprechen, und Wandel und Umbruch ist nun per Definition eine gute Sache. Man muss sich entwickeln und nichts ist schlimmer als der Stillstand. Aber es geht eben auch um das Gefühl einer Wertvorstellung, die immer weiter an Bedeutung verliert. Bücher besitzen einen ideellen Wert, der eben durch diese Entwicklung so nicht mehr gegeben ist. Und so wichtig es ist, dass überhaupt gelesen wird, so  wichtig ist auch das Niveau und damit einhergehend das Wie des Lesens.

Über eine Seite zu streichen, den Geruch des Papiers einzuatmen, ein Buch wirklich zu besitzen, weiter zu verschenken, ins Regal zu stellen und immer wieder mal hervorzukramen – das ist eine Erfahrung die der E-Reader, allen technischen Neuerungen zum Trotz, nicht bieten kann.

 

Foto: jamjar/flickr

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