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Mama und Papa gefällt dein Status

Was tut man, wenn Mama und Papa zum Facebook-Fluch werden? Anne-Maries Eltern klicken bei allem, was ihre Tochter publiziert, begeistert “Gefällt mir”. Ihr selbst gefällt das weniger. Eine Glosse

Vielleicht habt ihr auch diese eine Freundin auf Facebook, nennen wir sie Anne-Marie, die ein ganz bestimmtes Problem hat.
Wie Millionen anderer Nutzer veröffentlicht sie viele Fotos von sich selbst. Anne-Marie mit Katze, Anne-Marie mit neuem Smartphone, Anne-Marie beim Friseur.
Zwei von ihren 384 Facebook-Freunden gefallen ihre Fotos ganz besonders: Mama und Papa.
Ihre Eltern haben kürzlich das soziale Netzwerk für sich entdeckt und kommentieren seitdem mit großem Enthusiasmus jegliche Aktivität des Nachwuchses. Anne-Marie ist von der neugewonnenen Medienaffinität ihrer Eltern jedoch nur mäßig begeistert.
„Hi, toll, schönes Bild!!“, lobt die Mama das Foto mit der Katze. „Cool!!!“, findet der Papa das neue Smartphone. Auch die Gefällt-mir-Angaben der Tochter bleiben den wachsamen Augen der Eltern nicht verborgen.
Anne-Marie gefällt Tennis.
„Klasse, spielst du jetzt Tennis? Super!!!“, postet ihr Vater daraufhin auf ihre Pinnwand. Die Antwort der Tochter: „Nein, Papa…“ Dass man nicht jede Aktivität auch selbst ausführen muss, die einem auf Facebook gefällt, wusste ihr Vater nicht.

Dem Like-Button der Eltern hoffnungslos ausgeliefert?

Zugegeben, es ist wirklich löblich, wenn Eltern sich mit sozialen Medien auseinander setzen und an dem Leben ihrer Kinder teilhaben möchten. Das Motto „Weniger ist mehr“ gilt aber auch für den Like-Button. Spätestens, wenn er beim neuen Beziehungsstatus der Tochter („Anne-Marie ist jetzt Single“) betätigt wird, kann dies zu Missverständnissen führen.
Mit individuellen Privatsphäre-Einstellungen lässt sich aber schon länger vermeiden, dass jeder alles sehen und kommentieren kann. Wenn auch das nicht ausreicht, muss man notfalls zu gravierenderen Methoden greifen, um die elterliche Liebe von der Pinnwand zu verbannen: einem persönlichen Gespräch. Und das am besten regelmäßig, damit die Eltern sich nicht mehr via Facebook über den Beziehungsstatus informieren müssen.
Sollte es sich um unterforderte Frührentner handeln, könnte auch ein neues Hobby Abhilfe schaffen. Vielleicht eine Sportart, bei der man nicht zu sehr an seine körperlichen Grenzen stößt und somit noch genug Zeit für bestehenden Redebedarf bleibt. Sowas wie Golf. Anne-Maries Eltern spielen seit kurzem Tennis. Es scheint Wirkung zu zeigen. Ihr letztes Status Update blieb unkommentiert, zumindest von ihren Eltern.
Denn Anne-Maries Tante ist jetzt auch auf Facebook.

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Kategorie: Medien

Aufgewachsen bin ich in der Nähe von Hildesheim in einem Dorf, in dem die Welt noch in Ordnung ist. Offen für andere Kulturen habe ich mein Studium der Medien und Kommunikation im Freistaat Bayern (Augsburg) und dann ein Semester in den Vereinigten Staaten von Amerika (Washington DC) verbracht. Währenddessen Praktika bei allem, was mir Spaß macht: in Print-, Fernseh-, Online- Redaktionen und bei einer Produktionsfirma. Meinen Berufswünschen aus einem Freundschaftsbuch der dritten Klasse kann ich nur zustimmen. Weise vorausschauend hatte ich auch damals schon einen Plan C für eventuelle Medienkrisen: „Schriftstellerin, Reporterin oder Schweinezüchterin.“

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