Literatur
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Wie tanzt und singt man Sado-Maso?

Aus dem „Mommy-Porn“ Roman „Fifty Shades of Grey“ wird erst ein Film und dann ein Musical

„Hausfrauenerotik, langweilig, schlecht geschrieben, schnöder Porno, Groschenroman-Abklatsch“ und und und. Die negativ-Kritiken zu der BDSM Roman-Trilogie „Fifty Shades of Grey“ scheinen schier unerschöpflich. Und trotzdem war das (ursprüngliche Twilight Fan-Fiction) Werk der britischen Autorin E.L. James das meistverkaufte Buch in Deutschland 2012.

Woran liegt es, dass ein so offenkundig schlecht geschriebenes Buch so erfolgreich ist? Und erotische Literatur und SM-Romane sind schließlich auch nichts Neues auf dem Literaturmarkt. „Weil es da ist, und weil es E-Books gibt. Das Herunterladen eines E-Books erspart die Peinlichkeit, beim Kauf eines solchen Mistes erwischt zu werden“ schrieb unlängst ein jetzt.de Blogger und traf dabei wahrscheinlich genau ins Schwarze.

Der Erfolg der „Shades of Grey“ Bücher und vor allem der e-books basiert nicht auf ihrer literarischen und erzählerischen Qualität, sondern auf dem kalkulierten Tabubruch, der Neugier und dem nach Deutschland hinübergeschwappten Hype einer verklemmten amerikanisch-vorstädtischen Leserinnenschaft. (Ja, es sind hauptsächlich Frauen!)

Reading the hype

`Reading the Hype`

Wenn man sich die vielen Verrisse anschaut, könnte allerdings auch leicht der Gedanke aufkommen, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Bücher nicht gelesen hat. Warum sollte man auch etwas lesen, was die gesamte, seriöse literaturkritische Welt als „Mist“ bezeichnet? Und trotzdem weiß so ziemlich jeder worum es in den Büchern geht. „Na worum schon? Er verprügelt sie und dann f***t er sie.“ Verblüffend!

Der Spiegel hat im Oktober 2012 einen Artikel mit dem Titel „Das Leben kann so stöhn sein“ veröffentlicht. Darin findet sich eine Zusammenstellung von Fakten über das erste „Shades of Grey“ Buch – damit man „mitreden kann, ohne das Buch gelesen“ zu haben. Das Interesse schien auf Seiten der Verächter also doch da zu sein.

Und der nächste Hype um die Sado-Maso-Sex-Phantasmen ist auch schon da: „Shades of Grey“ wird verfilmt! Die Diskussion um „Shades of Grey“ ist auf die nächste Stufe gestiegen. Die Frage wer es gelesen hat oder ob man es gelesen hat, interessiert nicht mehr. Die Öffentlichkeit hat sich monatelang die Frage gestellt „Wer spielt die beiden Protagonisten? Wer macht sowas denn vor der Kamera?“

In den einschlägigen „Shades of Grey“-Foren finden sich nun die meisten Einträge zum Thema „Schauspieler in SoG“ – Über 4500 Einträge sind es beispielsweise bei „Oh Fifty“. Es wurden sogar Wunschlisten online gestellt. In den anderen Foren-Kategorien, unter anderem auch zum Inhalt des Buches, sind es im Durchschnitt gerade mal 200-300.

Die Schauspieler, die Anastasia Steele und Christian Grey spielen, sind inzwischen gefunden. Aber schon wieder der nächste Hype: Am 2. Dezember war Drehbeginn! An diesem Tag haben sich die Nachrichtendienste beinahe überschlagen: Twitter war voll von Nachrichten und Tweets über die ersten Drehtage, die Autorin selbst meldete sich mit dem Tweet „Action“ zu Wort und Promiportale wie „tmz“ veröffentlichten erste Fotos vom Dreh. Selbst der Focus meldete, dass die Fans jetzt schon nach einer noch expliziteren Version verlangen würden, einer die sehr nah am Buch sein solle und gut und gerne auch in einem Porno Kino laufen dürfe. Dies wird auch passieren, versprach der Produzent des Films Dana Brunetti. Man könne sich ja erst die leichtere Version und dann als nächstes die härtere ansehen. Das ist doch mal ne Idee für´s erste Date.

Die rosa Plüsch-Handschellen im Anschlag: Shades of Grey wird zum Musical

Die rosa Plüsch-Handschellen im Anschlag: Shades of Grey wird zum Musical

Ob das schon alles war? Mitnichten! „Aus Shades of Grey“ wird auch ein Musical. Nein, nicht von der Stage Holding. Der halbnackte Tarzan und bayrische Indianer sind schon sexy genug. „Missfits“-Star und Kabarettistin Gerburg Jahnke inszeniert den Spaß. Eine Parodie wird es sein. Ganz nach amerikanischem Vorbild versteht sich. „Pikante Doppeldeutigkeiten, eindeutige Ansagen, heiße Tanz-Szenen“ und eine „urkomische Inszenierung in bekannter Jahnke-Manier“ sollen den Zuschauer erwarten.

Wie das dann aussieht weiß die Bild-Zeitung: Die rote Peitsche schwingend, das Haupthaar wild schüttelnd und dabei selbstverständlich singend, wird Hauptdarstellerin Beatrice Reece – die der Autorin der Bücher verblüffend ähnlich sieht – über die Bühne des Admiralspalastes hüpfen. Getanzte Humor-Orgasmen inklusive. Nackt wird sie allerdings nicht sein. Warum es dann eine Altersbeschränkung ab 17 Jahren gibt, weiß wohl nur der Jugendschutz. Aber was soll´s! Bleibt uns schließlich noch das Porno-Kino.

 

Foto 1: Martin Abegglen bei twicepix auf flickr.com

Foto 2: `Reading the Hype` Ben Andreas Harding auf flickr.com

Foto 3: mit freundlicher Genehmigung von Mehr! Entertainment ©

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