Kunst
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Facetten der Weiblichkeit

Im me Collectors Room/Stiftung Olbricht ist noch bis Sommer 2015 die Ausstellung „Queensize“ zu besichtigen. Der Zuschauer wird mit verschiedenen Lebensabschnitten und Erfahrungen der Frau konfrontiert. Ein Werk der Künstlerin Monika Baer leitet den Besucher in die Ausstellung ein.

Der Arzt und Chemiker Thomas Olbricht hat in den letzten 30 Jahren eine der umfangreichsten privaten Kunstsammlungen Europas aufgebaut. Im me Collectors Room/Stiftung Olbricht werden neben der Dauerinstallation „Wunderkammer Olbricht“, die Kuriositäten aus dem Genre des Raritätenkabinettes präsentiert, auch Wechselausstellungen beheimatet. Am 7. Dezember 2014 eröffnete die neue Ausstellung „Queensize“ kuratiert von der Regisseurin und Dokumentarfilmproduzentin Nicola Graef und Wolfgang Schoppman, dem Chefkurator der Olbricht Stiftung.

Rund 60 Künstlerinnen zeigen ihre Sicht auf die tiefsten Bedürfnisse der weiblichen Identität. Der Besucher soll den Eindruck haben, dass er den menschlichen Werdegang von Geburt bis zum Tod, ausgedrückt in künstlerischen Arbeiten, erlebt. Drei Haupträume schließen aneinander an und symbolisieren verschiedene Lebensphasen. Auf unterschiedlichste Weise und doch zusammenhängend präsentieren die Künstlerinnen ihre Sichtweise auf weibliche Erfahrungen mit Werken aus den Bereichen Fotographie, Installation, Malerei, Skulptur und Videokunst. Kiki Smiths Werk, bestehend aus 100 roten geblasenen Glasteilen mit dem Titel „Bloodline“ (1994) läuft wie ein roter Faden quer durch die Ausstellung vom Ursprung bis zum Ende, von der Unschuld bis zum Zerfall. Leicht irritiert laufen die Besucher anfangs argwöhnisch neben der Arbeit entlang. Nicht wissend, ob es gestattet wäre, sie zu überqueren. Doch der erste traut sich unter dem weiterhin entspannten Blick des Aufsehers.

Mit Monika Baers Gemälde „Ohne Titel“ (2004) beginnt der Weg durch die Ausstellung. Die deutsche Künstlerin wurde Ende der 90er Jahre bekannt mit ihrer „Mozart-Serie“. In dieser Serie sind schrille Rokokobühnen zu sehen, auf denen Marionettenfiguren ihre Kunst ausüben. Das unbetitelte Werk in „Queensize“ besitzt einen ganz anderen Stil. Ein kindlicher Mädchenkopf schwebt mit entschlossenem Blick über die Leinwand vor einem mit Blumen und Schmetterlingen verzierten Totenkopf. Im Hintergrund stehen ein Stuhl und ein kleines Bücherregal. Auf der gegenüberliegenden Seite ist eine verschwommene grüne Fläche zu erkennen, die an Wasseralgen erinnert. Die feinen Haare der feenhaften Frauendarstellung scheinen sie, wie in einem Sog über das Gemälde zu ziehen. Fast so als würde sie in der nächsten Sekunde durch den Raum schweben können. Das Werk strahlt eine Unschuld aus und wurde in der Ausstellung sehr treffend platziert. Denn so wie der Blick des Kopfes, voller resoluter Hoffnung, beginnt für die Meisten der Weg ins Leben. So gesehen könnte der Schädel den unvermeidlichen Tod symbolisieren, der einem mit seiner blumigen Tarnung konstant auf den Fersen ist. In den hinteren Räumen der Ausstellung werden die Kunstwerke letztendlich mit ihm und den dazugehörigen Eigenschaften, wie Zerfall, Trauer und Gewalt, konfrontiert.

Der Titel der Ausstellung verweist nicht nur auf die weiblichen Künstlerinnen, die Queens der Kunstszene, sondern auch auf das Bettenformat von 1,5m x 2m. Denn Betterlebnisse gehören zu den prägendsten des Menschen. Hier werden wir geboren und gezeugt. Hier träumen und sterben, lieben und genesen wir. So langweilig es erst mal klingen mag: Das Bett ist einer unserer meistbesuchten Orte.

Titelbild: Monika Baer, Ohne Titel, 2004 © The artist and Barbara Weiss Gallerie, Berlin

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