Kunst
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Überm Sofa von…

(Foto: Sofas And Stuff | CC)

Welche Kunstwerke hängen sich eigentlich Menschen auf, die nichts mit Kunst zu tun haben? Wir haben bei sechs ganz unterschiedlichen Leuten auf die Wand geschaut


Reinhold Rada, 72, Rentner

Das Bild über meinem Sofa hat weder einen Titel noch einen Urheber. Es ist das größte Bild im Haus, etwa einen Meter lang und 70 Zentimeter breit. Ich wundere mich, warum in dem Rahmen immer noch keine Holzwürmer sind ­­­­– dabei sind Bild und Rahmen mindestens 50 Jahre alt. Der farbige Druck zeigt eine große Kiefer am Rand eines Teichs. Das Wasser spiegelt den Himmel mit dunklen und hellen Flächen. Ganz in der Ferne könnten ein paar Felder sein. Das Bild hängt jetzt seit etwa zehn Jahren an diesem Ehrenplatz, vorher gehörte es meiner Mutter. Sie hat es selbst irgendwann in den fünfziger Jahren von Nachbarn bekommen und schließlich meiner Frau geschenkt.

Aufgezeichnet von Angie Pohlers

 

Svenja Schneidereit, 25, Studentin

Die Wand über meinem Sofa ist türkis gestrichen und hängt von oben bis unten voll mit Fotos, die ich gemacht habe. Das sind größtenteils Porträts von Menschen, die mir wichtig sind. Ich mache viele Fotos und wollte die nicht nur auf dem PC haben, deshalb habe ich die schönsten ausgedruckt und gerahmt. Das jüngste Bild ist vor zwei Jahren entstanden. Seitdem habe ich andere Fotos gemacht und gerahmt. Die stehen aber noch herum, denn an der Wand ist fast kein Platz mehr. Mit kahlen Wänden könnte ich nicht leben. Ich wollte das mal ausprobieren, weil es aufgeräumter wirkt. Aber das ging nicht, dafür mag ich meine Bilder viel zu sehr.

Aufgezeichnet von Lea Katharina Becker

 

Morlockk Dilemma, 31, Rapper

Über meiner Couch hängt mein kleiner Schrein. Dort sind alle acht Vinylalben aufgereiht, die ich produziert habe. Die spiegeln meine Eitelkeit wider und demonstrieren den Gästen, dass ich ein kreativer Mensch bin. Auf einem Cover sieht man mich zum Beispiel im Zentrum eines typischen Siebziger-Exploitation-Film-Covers. Ich hab die Cover zwar selbst nicht gemalt, aber sehr eng mit den jeweiligen Künstlern zusammengearbeitet. Allgemein mag ich vor allem den Pop-Art-Stil. Ich würde mir aber keine expressionistischen Farbflecken, die besonders spannend arrangiert sind, an die Wand hängen. Dafür müsste ich wahrscheinlich erstmal vom Bier- zum Weintrinker reifen.

Aufgezeichnet von Theresa Rentsch

 

Bruno, 9, Schüler

Bei uns über dem Sofa hängt keine Kunst. Es gibt da solche Kästen bei uns im Haus. Ich glaube, sie sind von Ikea. Dort habe ich etwas hineingemalt und meine Mama hat Puppen hineingestellt. Insgesamt sind es drei Kästen. Sie zeigen drei Szenen. Einmal Oma und Opa im Weltall, dann eine Familie bei einem Vulkan und im dritten ein Kind, das von einem Monster gefressen wird. Die Holzkisten sind circa 5 Zentimeter dick und etwa 30 Zentimeter hoch. Sie hängen bei uns im Erdgeschoss im Gang, kurz bevor man in die Wohnküche kommt.

Aufgezeichnet von Moritz Gaudlitz

 

Hsien-Kuo Ting, 58, Geschäftsführer von LON-MEN´S Noodle House

Über meinem Sofa habe ich gar nichts hängen. Ich bin gerade erst umgezogen und dabei, die neue Wohnung zu gestalten. Ich mag das so, weniger ist mehr. Zuhause möchte ich meine Ruhe haben. Deswegen ist die Wand bei mir eine ganz ruhige Fläche. Früher hatte ich mal kleine chinesische Gedichte an meiner Wand, die waren mit Pinsel auf Seidenpapier geschrieben. Gedichte über Landschaften oder auch über die Liebe. Ein guter Bekannter von mir ist Kalligraf und könnte das für mich kreieren. Vielleicht habe ich so etwas bald in der neuen Wohnung hängen. Das stört die Ruhe nicht.

Aufgezeichnet von Mimi Stave

 

Claudia Bauske, 53, Diplompädagogin

Welchen Sinn hat ein Bild über einem Sofa? Meines hängt schräg gegenüber in einer Ecke über einer Bauerntruhe. So kann ich mich am Kunstwerk “Wogen” von Annett Treike erfreuen, wenn ich auf dem Sofa sitze. Frau Treike hat mir den Spruch von Charles Dickens  “Die Kleinigkeiten machen die Summe des Lebens aus” in einer Folie hinter das Bild geklemmt. Ich fand das Bild in einer Galerie im Ostseebad Rerik. Eine Insel von wogendem Raps in einem Meer von Blau und Grün. Es hat mich berührt. Es war und ist Symbol für meine Wohninsel voll Honigduft in einem Meer von allem. Auch meine Leute lieben das Bild ­­­­– selbst, wenn man Bilder so üblicherweise nicht aufhängt.

Aufgezeichnet von Julia Neubüser

 

(Titelfoto: Sofas And Stuff | CC)

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Kategorie: Kunst

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