Kunst
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Kunst kommt nicht von Kaufen

Die Bildende Kunst ist ein Milliardengeschäft. Doch zu welchem Preis?

Neulich fand in der Schweiz die diesjährige Art Basel statt, die wichtigste Kunstmesse der Welt. Wieder mal war sie ein voller Erfolg, wie man von der Fachpresse hört. Wie dieser gemessen wird? Auch am hohen Besucherandrang und am öffentlichen Interesse, aber eigentlich doch nur, und das geben alle unverhohlen zu, am erzielten Umsatz. Denn die Zehntausenden kunstinteressierten Besucher haben nicht die Absicht, dort etwas zu kaufen. Wer hat schon die Mittel dazu? Selbst die Schnäppchen aus den angesagten Kollektionen der modernen und zeitgenössischen Kunst kosten so viel wie eine Eigentumswohnung.

Kunstkauf und -besitz ist Sache der Superreichen. Der Rest darf froh sein, dass er die herausragenden Werke überhaupt sehen darf. Die große Kunst unserer Zeit bleibt außerhalb unserer Reichweite. Milliardenschwere Unternehmen, Großindustrielle, Kriminelle, Oligarchen, wahnsinnige Geldanhäufer, das ist die Zielgruppe der größten Künstler unserer Zeit. Vor einem Jahr führte man auf der Art Basel dementsprechend einen neuen Zielgruppen-Service ein: Die ersten beiden Tage sind exklusiv den liquiden VIP-Gäste vorbehalten, damit die Galeristen ihr hochkarätiges Klientel noch ausgiebiger umgarnen können. In diesen Kreisen gilt moderne Kunst meist nur als Statussymbol, als geschmackliches Image-Aushängeschild. Das und der ungebändigte Markt machen Kunst zur Handelsware und zum luxuriösen Konsumgut in den Händen der Vermögenden. Doch gerade die beste Kunst sollte Massenware sein. Stattdessen klagte man während der Baseler Messe über zu wenig beeindruckende Höchstpreise. Dass ein Gemälde von Gerhard Richter 20 Millionen kostet, ist irrsinniger Standard.

Wie gut täte dem Kunstgewerbe ein demokratisierender, um nicht zu sagen vernichtender Schub, wie ihn die Film- und Musikindustrie durch die Digitalisierung erfahren haben! Damit der Profit drastisch einbricht, damit all die Leute, die viel zu viel an der Kunst von anderen verdienen, auf einmal mit leeren Händen dastehen. Wie schön wäre es, die Einzelstück-Praxis der Kunst aufzulösen, indem man sie x-fach repliziert, digitalisiert, tauscht und jedem zugänglich macht! Eine schreckliche Vorstellung? Die Aura des Kunstwerks hat ihren Zauber längst verloren. Sie wird nur noch in Dollar gemessen. Sobald die ersten 3D-Drucker erschwingliche Wirklichkeit werden, kann sich jeder eine aktuelle Jeff-Koons-Skulptur originalgetreu selbst zusammenstecken. Das wäre ein radikaler Wandel für den Markt und für die Kunstschaffenden. Wenn jeder alle Kunst der Welt besitzen kann, wenn der Schein des Geldwertes von ihr abfällt, erst dann wird wichtig und deutlich, was sie sein will: keine Ware.

(Foto: urbanartcore.eu | CC)

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1 Kommentare

  1. Beim Lesen des Beitrages muss ich oft schmunzeln – ich habe auch mehrere Jahre mit Kunst und in Galerien verbracht und erkenne viele der beschriebenen Situationen wieder, bzw. könnte dazu meine ganz eigene Geschichte erzählen.
    Janine

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