Paul Klee war nicht nur Maler. Er war auch ein exzellenter Lehrer. Die Ergebnisse seines Einflusses auf die Schweizer Künstlerin Petra Petitpierre zeigt eine Ausstellung in der Galerie Zellermayer in Berlin Charlottenburg.
„Ich suche ein Bild“ – mit diesen Worten durchstreifte Petra Petitpierre in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts durch ihr Haus in Murten, Schweiz. Der Radius ihrer Erfahrungswelt war durch eine Behinderung zeitlebens eingeschränkt. Das Hüftgelenk hatte sich entzündet – und das Bein wuchs nicht mehr. Doch Petra Petitpierre hat trotzdem etwas aus ihrer zeichnerischen Begabung gemacht. Die Ergebnisse können noch bis zum 27. März 2013 in der Galerie Zellermayer in Berlin-Charlottenburg angesehen werden.
Zur Eröffnung der Ausstellung am 19. Januar sind auch ihre Tochter und Enkeltochter aus der Schweiz angereist. Die Tochter beschreibt das Leben ihrer Mutter als von Leid und Entbehrung gekennzeichnet, nicht nur durch die körperliche Versehrtheit, sondern auch durch ihre Art zu malen. Denn die 1905 als Frieda Kessinger geborene Petra Petitpierre ist Schülerin von Paul Klee und seinem Stil treu ergeben. Ihre Ausdrucksmittel sind geometrische Formen, die sie mit Ölfarben auf die Leinwand bringt. So ist der Tanz zweier Menschen in ihrem Werk „Tango“ aus dem Jahr 1952 von Dreiecken und diagonalen Linien dargestellt. Sie gestaltet ihn nicht fließend und rund, sondern eckig, aber trotzdem harmonisch. Diese Harmonie der Formen im Bild entsteht durch die Verwendung des goldenen Schnitts, der vielen ihrer Werke die geometrische Basis lieferte. Die harmonische Bewegung zweier Körper im Tanz lässt sich, wie man im Werk sieht, auch durch abstrakte Formen vermitteln.
Doch der Besucher der Galerie Zellermayer findet das Weiche und Runde ebenfalls in den Werken Petitpierres. Von 1926-1942 fertigte sie einige Rötel-Zeichnungen an. Sie zeichnet die Motive mit verschlungener und geschwungener Linienführung, ganz anders als im Spätwerk ab 1945. Das verbindet sie mit ihrem zweiten Lehrer, Wassily Kandinsky, der neben abstrakten Formen auch geschwungene Linien in seinen Werken einsetzte. Mit ihm kommt sie während ihrer Zeit am Bauhaus Dessau in den Jahren 1929 und 1930 in Kontakt. Doch sein „analytisches Zeichnen“, das er am Bauhaus lehrt, ist ihr zu dogmatisch: „Ich will malen, aber es wird ein harter Kampf für mich werden. Ich glaube den rechten Pinsel in der Hand zu haben. Aber Konzentration, ich muss im Frühling in die Freie Malklasse kommen, es gibt nur das für mich“, so lautet ein Tagebucheintrag von 1930. Bei Paul Klee fühlt sie sich besser aufgehoben. In seiner freien Malklasse kann sie ihren Ideen viel besser Raum geben: „Und das Licht leuchtet in der Finsternis. Plötzlich ist es hell geworden und ich sehe einen klaren Weg. Und plötzlich ist mir der Begriff “abstrakt” klar. …“.
Die Galerie Zellermayer widmet sich mit der Ausstellung von Petitpierres Werken einer leider weitgehend unbekannten Künstlerin. Unbekannt vielleicht deshalb, weil sie im Schatten Paul Klees stand und zudem noch eine Frau war. Doch gerade Ersteres sollte Anlass genug sein, einen Blick auf die Werke zu riskieren. Einfach, um zu rätseln, wo Paul Klee aufhört und Petra Petitpierre als eigenständige Künstlerin beginnt.
Petra Petitpierre
Geometrie und Abstraktion. Das Spätwerkaus den 50er Jahren der Klee und Kandinsky Schülerin.
19.1.2013-27.3.2013
Galerie Zellermayer
Ludwigkirchstrasse 6
D-10719 Berlin
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