Gesellschaft
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Smart Seniors

Volker F. (72), Doris  K. (68) und Ernst B. (70) sind in Deutschland so etwas wie Digital Natives der alten Schule. In einem Tête-à-Tête erzählen die Senior*innen von ihrer Technikgeburt, dem digitalen Hier und Jetzt und einer vernetzten Zukunft.

Bereits vor der Jahrtausendwende warnte Paul Virilio vor der dystopischen Kehrseite des Computers. Der Technikeuphorie, die sich von Dampfloks und Flugzeugen hin zum digitalen Wellenreiten verschoben hatte, hielt der Kulturpessimist ein Warnschild vor die Nase. Man könne durch das Internet zwar zu jeder Zeit an jedem Punkt des Erdballs anwesend sein, würde in der physischen Realität aber in einem ohnmächtigen Zustand vor dem LED-Bildschirm versacken, heißt es in Virilios Manifest “Rasender Stillstand”. Heute, bald drei Jahrzehnte nach der Veröffentlichung seines Buches, ist es leise um den 86-Jährigen geworden, während sich nicht nur die Jugend mit Gott und der Welt vernetzt. Grund genug, um einer vergessenen Generation von Technikmaniacs Gehör zu schenken.

Volker, der gern durch virtuelle Welten bummelt

Mit einem Lächeln betritt der Rentner seine Leipziger Wohnung. Vorbei an einem blinkenden Netzwerkrouter biegt er links ab, hinein in einen kleinen Raum. Seine Fernbedienung bringt die LED-Leisten und die Zimmerdecke trotz einfallenden Tageslichts zum Glühen. Im hellen Schein offenbart sich ein ganzes Arsenal an Computern, Kabeln, Displays und 3D-Brillen.

Volker F. erblickte kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Thüringen das Licht der Welt. Als seine Heimat bezeichnet er das Altenburger Land. Im familiären Umfeld liegen die Wurzeln seiner heutigen Technikeuphorie: „Mein Vater erzählte mir von einem Radio, bei dem ein kleiner Bildschirm angebracht war, auf dem Menschen zu sehen waren, die man sonst nur reden hören konnte. Für mich war das absolut unvorstellbar.“ Bereits zu jener Zeit entwickelte Volker seine Affinität für die Elektronik. Eine Werkstelle sollte ihm in jenem Bereich jedoch verwehrt bleiben, sodass er stattdessen eine Ausbildung zum Dreher absolvierte.

Um sich nebenbei Geld zu verdienen, begann Volker zu DDR-Zeiten, Freunde und Bekannte mit Antennenverstärkern und Seitenbandfiltern auszustatten, damit diese in den Genuss des vom Fernsehturm Sender Ochsenkopf ausgestrahlten MDR-Fernsehens sowie störfreien UKW-Empfangs kommen konnten: „Damals hat niemand gefragt, ob man einem Nebenverdienst nach dem Feierabend nachging oder nicht. Das Rauschen der Sender wurde durch meine Eingriffe behoben und die Menschen konnten sich über ordentliche Aufnahmen auf ihren Tonbandgeräten freuen. Irgendwie ist es mit der Zeit in meine Hände übergegangen, solche lapidaren Probleme schnell zu beheben.”

“Wer sich Rauschgift besorgen will, sollte lieber einen weiten Bogen um das Dark-Net machen und nach Amsterdam fahren.”

 

Zwischen 1989 und 1990 kam Volker dann das erste Mal mit Computertechnik in Berührung und investierte fünf Jahre später in seinen eigenen Computer: „Die PCs brachten frischen Wind in die Technikszene. Sie sahen damals ganz anders aus als heute. Ich erinnere mich an einen Monochrom-Bildschirm, der nur Blau und Weiß anzeigte.“ Als er arbeitslos wurde, rutschte Volker zufällig in eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme hinein, zu deren Hauptaufgaben Computer-Recycling zählte. Im Zentrum für Integration konnte er aus dem Vollen schöpfen: “Die Firmen verschrotteten die alten PC-Generationen. Ich zählte damals zu den aktivsten Arbeitern und machte mein Hobby zum Beruf.”

Verstrahlt: digitale Euphorie auch für Zimmerpflanzen.

 

Den Moment der digitalen Erleuchtung, Mitte der Neunziger zum ersten Mal das Internet betreten, beschreibt Volker mit dem ikonischen Werbespruch Boris Beckers: „Ich bin drin“. Heute hängt einer seiner drei Smart-TVs über dem Türeingang, damit er von seinem Bett aus das Nachtprogramm – „wie im Krankenhaus“ –  verfolgen kann. Auch wenn er sich mit 72 Jahren körperlich fit fühlt, sehnt sich Volker nach virtuellen Spaziergängen: „Man schiebt das Smartphone in eine Brille und schaut sich über Youtube einen dreidimensionalen Film an. Den plötzlichen Zugang zu einer anderen Welt habe ich mir schon vor zehn Jahren gewünscht. Man braucht keine echten Landschaften mehr, sondern befindet sich mitten drin, obwohl man zuhause sitzt.“

Beäugt: 3D-Enthusiast Volker verschwindet hinter seiner Brille.

 

Volkers Begeisterung für den  digitalen Kosmos zeigt sich auch in seiner Vorliebe für Filme und TV-Serien, die er in Mediatheken jederzeit griffbereit hält: „Aus dem Alter der Lagerfeuersituation und geregelten Programm-Zeiten des Fernsehens bin ich raus.“ Sogar den berüchtigten Tor-Browser zum anonymen Surfen hat er sich aus Interesse heruntergeladen:„Ich finde es gefährlich, dass man über diese Plattformen Pädophile, Drogenhändler oder Waffenverbrecher nur schwer nachverfolgen kann. Wer sich Rauschgift besorgen will, sollte lieber einen weiten Bogen um das Darknet machen und nach Amsterdam fahren.“

Dass der Technikgenuss leicht überhand nehmen kann, macht Volker nicht nur anhand der komfortableren Rauschmittelbeschaffung in den Niederlanden fest: „Ein ehemaliger Balkonnachbar war ein Ass in Sachen digitaler Technik. Ich erinnere mich noch daran, wie ihn seine  fünfjährige Enkelin als Hacker bezeichnet hat. In der Tat kannte er alle Kniffe und Tools am Computer. Leider ist er vor seinem Rechner gestorben. Er war Schmerzpatient, hatte Bluthochdruck und litt unter schwerem Übergewicht. Nächtelang saß er ohne Schlaf vor dem flackernden Bildschirm. Ein intelligenter Mensch, dessen Leben aber irgendwann der Computer wurde.“
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Dennoch liebt Volker die digitale Herausforderung und möchte dem Netz-Trend weiter folgen: „Solange es körperlich und geistig bei mir läuft, bleibe ich dran. Bis auf unseren Kühlschrank ist unsere Wohnung zu 100 Prozent vernetzt.“  Auf die Frage, wo seine Frau Veronika bei den ganzen virtuellen Dimensionen bleibe, findet er die einzig einleuchtende Antwort: „Vroni hat ihren eigenen Fernseher in unserer Küche. Da schaut sie täglich ,Sturm der Liebe‘ und ,Rote Rosen.“

Gestoppt: Die Zeit kontrolliert Volker mit seiner Smartwatch.

 

Volker im Kreuzverhör

Könnten intelligente Maschinen wie die Roboterfrau „Sophia“ Ihren Alltag übernehmen?

Das ist Quatsch. Dann kann man auch gleich einen Kopf auf einen Staubsauger schrauben. Ich kann selbst hören und lesen muss aber keine Gesicht eines Computers dazu sehen, dass seine Plastelippen bewegt.

Wie empfinden Sie die Haltbarkeit von heutiger Technik?

Nicht nur die Computer-Technik wird so gebaut, dass sie nach einer gewissen Zeit kaputt geht. Es werden auch bei Haushaltsgeräten regelrechte Sollbruch-Stellen implantiert. Plötzlich löst sich zum Beispiel ein Kondensator auf und das ganze Gerät funktioniert nicht mehr. Richtige Bastler die das reparieren können gibt es ja gar nicht mehr. Für die Segmente die man einzeln erwerben müsste zahlt man dann mehr als für ein neues Gerät.

Macht Sie das nicht wütend?

Ich bin hin- und hergerissen. Früher war mein Haushalt mit langlebigen Geräten bestückt, die eine enorme Geldsumme gekostet haben – einen Handmixer für über 100 Mark. Heute kostet so ein Mixer vielleicht 20. Wenn der nach fünf Jahren kaputt geht, kauft man sich eben einen neuen. Das ist für den Geldbeutel okay, für die Natur natürlich eher weniger.

Doris, die mit dem Scanner durch Supermarkthallen spaziert

Die Freiberuflerin fährt das Betriebssystem ihres Scanners hoch, scrollt noch kurz durch das Menü voller Apps, checkt eingegangene Anrufe, ehe sie das Programm startet, um das, was sich im Geschäft gut und das, was sich schlecht verkauft zu protokollieren.

Doris K. ist Ende der vierziger Jahre geboren und kommt ursprünglich aus Gotha. Auf Arbeit wurde die Rentnerin zu DDR-Zeiten schon immer mit Computersystemen konfrontiert. Ursprünglich hat die 68-Jährige Industriekauffrau gelernt, ehe sie ihr Studium zur Ökonomin für Datenverarbeitung im Vogtland begann. Hier keimte auch das Interesse für Technik auf, bevor ihr Berufsweg sie anschließend für 20 Jahre in die Energieversorgung führte: „Dort war ich an einer massiven Rechenstation tätig,  an der ich die einzelnen Löcher der Blockstreifen lesen musste. Ich kam mit dem Organisations- und Schreibautomat Optima 528 in Berührung, der zu jener Zeit in Sömmerda hergestellt wurde.“

“2017 hielt ich endlich einen Nachfolger im Smartphone-Format in der Hand.”

 

Durch Mund zu Mund-Propaganda landete Doris im Absatzexport bei einem Möbelhersteller in Thüringen: „Computer, Disketten und Bildschirme waren auch dort keine Seltenheit.“ Zur Wende zog es sie in die Landeshauptstadt Erfurt zu einem Flüssiggasunternehmen. Rückblickend spricht sie von einer „tollen Zeit, bis die Firma mit zahlreichen Verkaufsbüros aufgrund von einer bundesweiten Gesundschrumpfung 1999 geschlossen wurden“. Im Alter von 50 Jahren wurde Doris arbeitslos. Von ihrer alten Firma bekam sie damals eine winzige Abfindung: „Ich steckte in einer Phase, in der ich Bewerbungen schreiben musste. Das war für mich das Startsignal, dass es auch bei mir mit dem Personal Computer losgehen musste. Von dem Geld habe ich mir direkt einen eigenen Rechner gekauft.“

2013 ging Doris früher als geplant in Pension. In der Zeitung habe sie vom Computer Club Erfurt erfahren. Seit dessen Anfängen ist Doris jetzt dabei. Von dem Club habe sie sich erhofft, „die Basics zu erfahren“, alles andere wollte sie selbst in die Hand nehmen. Irgendwann war klar, dass neben ihrem stationären Rechner auch ein Tablet her musste: „Die Entwicklung geht immer weiter und ich selbst möchte auf keinen Fall stehen bleiben.“
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Heute ist Doris für ein Marktforschungsunternehmen aktiv. „In mir zugewiesenen Geschäften scanne ich das wöchentlich erscheinende Werbeblatt ein“, schildert Doris ihren Auftrag. Die Daten sendet sie an eine bestimmte Nummer. Insgesamt gibt es bundesweit etwa 300 Waren-Erfasser wie Doris. Irgendwann gab ihr alter Scanner seinen Geist auf. Als sie mitbekam, dass die Angestellten mancher Geschäfte neuere Geräte zum Erfassen der Ware benutzten, schlug sie ihrem Chef 2014 vor, dem Trend zu folgen: „2017 hielt ich endlich einen Nachfolger im Smartphone-Format in der Hand. Die Daten an einen Server zu senden läuft nun unkompliziert. Mit dem Scanner kann ich sogar telefonieren.“

 

Gescannt: Marktforscherin Doris hat ihr Grät stets griffbereit.

 

Doris tritt durch die Technik in Aktion. Darin liegt für sie der Reiz an den  Einsätzen: „Mir bereitet die Arbeit mit dem Scangerät sehr viel Freude, weil ich in Bewegung bin. Ich muss mich ständig auf neue Situationen einstellen. Es ist die Veränderung, die ich liebe. Außerdem kann ich mir meine Zeit selbst einteilen. Zu besonderen Verkaufszeiten wie an Weihnachten besuche ich zum Beispiel Sonderstände von großen Schokoladenherstellern. Ich helfe indirekt den Läden, damit diese wissen, welche Ware gut bei den Leuten ankommt und welche nicht.“ Aktuell besucht Doris vier Geschäfte im Thüringer Raum.  Es sind jene Momente, in denen Doris sich darüber freut, „auf der Welle der Digitalisierung mitzusurfen.“

Und doch gibt es Augenblicke, in denen die Technik auch zur Sucht werden kann, erkennt sie selbstkritisch. Bei einem Kurzurlaub lernte Doris eine Dame kennen, die sich zu Fuß oft mit einem Navi bewegt: „Manchmal schickt sie mir sogar einen Google-Standort, um mir zu sagen, wo sie sich befindet.“ Die 76-Jährige wollte eines Tages ihre Cousine besuchen und verpasste wegen ihres Smartphones die Zug-Haltestelle, an der sie austeigen wollte. Dann musste sie wieder zurückfahren und eine lange Wartezeit in Kauf nehmen: „Das ist mir zum Glück noch nicht passiert. Trotzdem bewundere ich sie und möchte, wenn ich ihr Alter erreicht habe, genauso so aktiv sein“, sagt Doris.

Doris im Kreuzverhör

Kann man sein digitales Hab und Gut gegen Hackerangriffe schützen?

In Leipzig tagt ja gerade wieder der Chaos Computer Club, der wurde mir schon mehrfach in Bezug auf dieses Thema empfohlen. Ich glaube, wenn Hacker wollen, bekommen sie immer einen Zugriff auf unsere Endegeräte und somit auch Daten.

Welches ist die größte Errungenschaft, die mit dem Internet einhergeht?

Naja, ich bin zum Beispiel ein großer Fan vom Onlinebanking. Eine Freundin von mit steckt ihre Überweisung tatsächlich immer noch ins Kästchen, da sage ich ihr immer, dass das Kästchen in Zukunft nicht mehr lange da sein wird.

Nutzen Sie  in Ihrem Alter Social Media?

Ich habe mich noch nicht bei den sozialen Netzwerken angemeldet, weil man immer so extrem von Nachrichten überrollt wird. Als ich letztens von einer Freundin aus Sachsen gefragt wurde, ob ich auch von einem Hochmastbrand in Erfurt betroffen wäre, war mir das einfach zu viel des Guten. Die Meldung kam damals bei ihr auch über Facebook rein.

Ernst, der die Leute nach 1989 digital wieder zusammenbringt

Der Kursleiter beugt sich über das Handydisplay, das ihm eine ältere Dame verzweifelt unter die Nase hält. Dabei kommt er nicht umhin, der Frau eine fachmännische Kaufberatung zu geben: „Unglücklicherweise ist das ein Billig-Handy. Wir werden dir eines mit Fingerprint besorgen.“

Ernst B. ist 70 Jahre alt und nicht mehr berufstätig. Der ausgebildete Schmied hat in seiner Vergangenheit jahrelange im Schwermaschinenbau gearbeitet und sich mit Dampf und Drucktechnik auseinandergesetzt. Aufgewachsen in Sachsen, absolvierte er zunächst eine handwerkliche Grundausbildung, bevor er nach der Wende als freischaffender Programmierer in die Computersparte und das Programmieren rutschte: „Ich habe mit der Entwicklung gelernt“, sagt er heute.

“Es soll nicht jeder in seinem eigenen Saft schmoren.”

 

Mittlerweile leitet er einen kleinen Computer-Club für Senioren im Leipziger Stadtteil Grünau. Nachdem Ernst in die Rente ging, öffnete sich der kleine Club in seiner Nachbarschaft. Besucht wurde der Verein damals vorrangig von den Frauen, die zu DDR-Zeiten als Sekretärinnen gearbeitet hatten und schon einige Berührungspunkte mit der Technik besaßen: „Dennoch gibt es einen Unterschied zwischen dem Texten an der Schreibmaschinen und dem Umgang mit dem modernen Betriebssystem eines PCs“, erklärt Ernst. 2018 stehen auf der Agenda Text- und Bildbearbeitung, Internetrecherche und Sicherheitskonzeption: „Jeder hat unterschiedliche Interessen und Talente. Ich tippe die Leute an, um ihnen ein paar Techniken zu zeigen“, erläutert Ernst seine Funktion als Coach: „Wir haben eine ältere Dame dabei, die ist weit über 70 und stellt im Bereich Bildbearbeitung und Grafikdesign viele erfahrene Leute aus der Branche in den Schatten.“

Gedruckt: Auch die Installation eines Druckers erklärt Ernst den Club-Teilnehmern.

Aktuell trifft sich Ernst mit den anderen Rentner*innenn alle 14 Tage. Für ihn ist die Kommunikation der Schlüssel zum Weg: „Es geht um den gemeinsamen Erfahrungsaustausch. Es soll nicht jeder in seinem eigenen Saft schmoren.“ In erster Linie vermisst Ernst den Zusammenhalt aus DDR-Zeiten: „Nach der Wende ist das Prinzip ,Eine Hand wäscht die andere‘ total weggebrochen.“ Die Vereinsstrukturen, die es im Westen gab, habe er im Osten nicht vorgefunden. Das Gefühl, gemeinsam zu arbeiten oder in der Hausgemeinschaft aktiv zu sein, entdeckt Ernst nun in der Technik wieder. Dabei greift er seiner Alltagsgruppe unter die Arme: „Ich kann mich noch an Teilnehmer erinnern, die bei mir angefangen haben und dann zu den Kursen der Volkshochschule übergewechselt sind. Nach drei Wochen standen sie wieder bei mir und beklagten sich darüber, dass die dortigen Kurse mit den mehreren Generationen viel zu ungestüm wären. In unserem Computertreff bewegen wir uns hingegen in einer Altersgruppe und wenn jemand nach 14 Tagen wieder vor demselben Problem steht, helfe ich ihm einfach nochmal. Mir persönlich liegt eine kreative Seite im Blut, wenn ich die an andere weitergeben kann, umso besser.“
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Gleichzeitig schüttelt Ernst den Kopf, wenn ihm die Leute erzählen, sie hätten nichts mit der Digitalisierung zu tun: „Wir befinden uns doch mitten drin. Beeinflussen können wir das nicht.“ Für die Generation, die ohne nachzudenken dauerhaft am Smartphone zockt, hat der 70-Jährige wenig Verständnis: „Für mich steckt da wenig geistiger Mehrwert dahinter.“ Seinem Sohn hat Ernst nie verboten, Zeit vor der Gaming-Konsole zu verbringen, allerdings hat er ihm auch nahegelegt, eine Auge darauf zu werfen, welche Mechanismen hinter den Spielen stecken: „Das ist ähnlich wie beim Auto, da kannst du auch nicht einfach zur Tankstelle fahren, Luft und Wasser auffüllen und den Rest erledigt die Werkstatt. Wir haben früher wenigstens noch die Zündkerzen wechseln können. Wir sind heute an einem Punkt angekommen, an dem die Technik uns beherrscht und nicht wir die Technik.“

Ernst im Kreuzverhör

Der packendste Moment während Ihrer Arbeit?

Da gibt es einige. Zum Beispiel, als ich einer Seniorin bei ihrer jüngsten Anschaffung helfen konnte. Die Frau hatte einen PC ohne Betriebssystem von ihrem Enkel geschenkt bekommen. Ich habe dann ein benutzerfreundliches ‚Linux‘ auf ihrem Rechner installiert, sodass sie am Ende total happy gewesen ist.

Sind Sie zu vernetzt?

Naja, natürlich ist es toll, wenn ich mit Menschen virtuell sprechen kann, die sich auf der anderen Seite des Globus befinden. Trotzdem spielt sich für mich das wahre Leben draußen ab.

Erwarten Sie, dass die Politik in Deutschland auch Ihre Generation als Digital Natives anerkennen wird?

Nein.

Fotos: Benjamin Freund

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