Gesellschaft
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Herr Ober, bitte!

Österreich, Land der Berge, Land am Strome, ist seit geraumer Zeit eine Demokratie. Die Habsburger, letzte königliche Herrscher der Donau-Monarchie, sind in der Wiener High Society bei Champagner und Schnittchen sehr wohl noch anzutreffen, nicht jedoch mehr auf dem Thron. Thron, Zepter und Krone befinden sich schon lange in den Händen einer anderen Macht: Sie trägt Frack, Manschette, grüßt nicht, bittet nicht, bedankt sich nicht und hat ganz gräßliche Manieren. Im Wiener Kaffeehaus ist der Kellner König, niemals der Kunde. Dieser hat sich unterzuwerfen, seine Wahl an Essen und Getränken ist per se falsch, Fragen, Wünsche, Fingerzeige werden ignoriert, ebenso konsequent die Frage nach der Rechnung. Schon die Berufsbezeichung – wienerisch korrekt ist „Ober“ – zementiert die Rangordnung.

Ab und an versucht ein Tourist ohne Vorwissen dem arrogant-griesgrämigen Regenten ein Lächeln oder einen Schmäh zu entlocken. Doch im Kaffeehaus ist nicht zu spaßen: Die Wiener Gesellschaft spaltet sich unmissverständlich in Ober-häupter und Untertanen. Rebellion ist zwecklos, im Kampf gegen Unterdrückung hilft nur die Annahme feindlicher Verhaltensmuster. Der Kaffeehaus-Profi schlägt Seine Majestät mit den eigenen Waffen: Er grüßt nicht, bittet nicht, bedankt sich nicht und zeigt gräßliche Manieren. Frühstück wird bestellt, möglichst ohne den Mund zu öffnen: „Än Ää, än Gafee“. Wie schön, dass einem eklatante Unhöflichkeit in Wien ein Ei, einen Kaffee, vielleicht sogar ein Lächeln des Monarchen, bescheren.

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