Gesellschaft, Raum
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Die Markthalle Neun

Eine „Halle für alle, bunt, voller Leben, nicht ganz so streng ökologisch, für alle eben“: Die Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg serviert Street Food aus der ganzen Welt.

Das Durcheinander von hallenden Stimmen, der Duft von Gewürzen, von Käse und frischen Kräutern, gehen, ohne wirklich vorwärts zu kommen. Ruhelos drängen Menschen voran, mit unstetem Blick, immer auf der Suche, immer auf dem Weg zur nächsten Station. Dazwischen Gruppen, Pärchen, Familien, die – das angestrebte Ziel endlich erreicht – das soeben Erworbene schützend an sich pressen, als könne die Kostbarkeit gleich im nächsten Moment wieder verloren gehen: „Street Food Thursday“ in der Markthalle Neun.

Schon kurz nach Beginn des wöchentlichen „Street Food Thursday“ strömen zahlreiche Menschen in die weitläufige Markthalle. Angeboten wird hier alles, was – wie der Name schon andeutet – direkt auf der Straße verzehrt werden kann. Dass dies mehr sein kann als Currywurst mit Pommes oder Döner, demonstrieren die Verkaufsstände der Kleinhändler, die Gerichte aus aller Welt anbieten. Von traditionellen neuseeländischen Pies, heißen Brüsseler Waffeln, mexikanischen Tacos und taiwanesischen Burgern in gedämpften Teigtaschen bis hin zu Allgäuer Kässpatzen oder Backschwein mit Sauerbraten kann der Besucher auf rund 2.800 m² die Kulinarik verschiedenster Länder entdecken. Das Konzept ergänzt zusammen mit Veranstaltungen wie „Cheese-Berlin“ oder dem Naschmarkt den zentralen Wochenmarkt, der die Basis der Markthalle bildet.

Die Markthalle Neun, wie sie heute ist, besteht seit 2011. Das Gebäude ist eins von ehemals 14 Städtischen Markthallen in Berlin aus dem 19. Jahrhundert. Nachdem die Halle jahrelang als Verkaufsfläche kleiner Marktstände diente, nahmen in den 90er Jahren Lebensmittel- und Bekleidungsdiscounter immer größere Verkaufsflächen der Markthalle ein und verdrängten nach und nach die Kleinhändler. Das Engagement der Initiatoren und späteren Betreiber Florian Niedermeier, Bernd Maier und Nikolaus Driessen sowie Unterschriftenaktionen der Anwohner erreichten schließlich die Wiederbelebung der ursprünglichen historischen Nutzung des Gebäudes. Heute, nach der Umstrukturierung, beschreiben sich die Betreiber auf ihrer Homepage als eine „Halle für alle, bunt, voller Leben, nicht ganz so streng ökologisch, für alle eben“.

Die Preise des angebotenen Street Foods entsprechen diesem Vorsatz und sind durchaus human. Die Qualität ist dabei auf hohem Niveau. Besonders beliebt ist ein Stand, an dem sich gleich zu Beginn eine lange Schlange bildet. Angeboten wird 65 Stunden lang in Cidre eingelegtes, 11 Stunden „Sous-vide“ gegartes Steak auf selbstgebackenem Kartoffelbrot und kleine Flaschen Cidre. Für fünf Euro exklusive Getränk ist die Portion zwar recht klein, doch ist schon ein einziger Biss wie eine Explosion für die Geschmacksnerven: von der Süße der karamellisierten Zwiebeln, dem herzhaften, zarten Fleisch bis hin zu den feinen, gebeizten Senfkörnern, die auf der Zunge zerplatzen und eine sanfte, angenehme Schärfe im Mund hinterlassen. Wer besonders viel probieren möchte, sollte sich mit mehreren zusammen tun und die Portionen teilen. Viel zu schnell wird sonst das Sättigungsgefühl erreicht. Nimmt das Getümmel und Treiben zwischen den Ständen überhand und ist der Magen schon voll, bietet die Brauerei „Heidenpeters“ Flüchtigen ein ruhiges Plätzchen. Etwas abseits haben sie einen kleinen Stand errichtet, in einer dunklen Ecke, wo die Geräusche der Markthalle zu einem leisen Murmeln werden und Ruhe einkehrt. Hier schenken Heidenpeters im Keller der Halle gebrautes Bier aus.

Je später es wird, desto mehr Menschen drängen in die historische Markthalle. Über den dicht aneinander gedrängten Ständen tanzen die Lichter zahlreicher Lichterketten, die die Halle wie ein Netz umspannen und ein verträumtes Ambiente schaffen. Umgeben von der rot-braunen Backsteinfassade zwischen blauen Stahlträgern, finden sich auf Bierbänken die unterschiedlichsten Gruppen, vom Club-Mate-Trinker zum Gartenzwerg-Liebhaber, rücken unter dem sanften Licht der Lichterketten immer enger zusammen und genießen das Treiben um sich herum.

Foto: Stijn Nieuwendijk/flickr.com 

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