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Professorin mit 25 Jahren

Die Juniorprofessorin Lena Rusdkowski

Gesichter der Uni: Lena Rudkowski ist die jüngste Professorin unter deutschen Juristen. Die Arbeitsrechtlerin studierte aus Zufall Jura. Heute ist das Fach ihre große Leidenschaft

Der Lebenslauf von Lena Rudkowski liest sich wie der einer Überfliegerin: Beginn des Studiums 2004, Erstes Staatsexamen 2008, Zweites Staatsexamen 2010 und seit gut einem Jahr Juniorprofessorin an der Freien Universität (FU) Berlin – mit 25 Jahren. Dabei wollte sie eigentlich Musik studieren und Geige spielen. Diese tauschte sie dann aber doch gegen Gesetzestexte, denn ihr Wunsch nach einem „Brotjob“ war größer. Sich von einer Befristung zur nächsten hangeln – das wollte sie nicht.

Jura war ein Unfall

Die Juniorprofessorin Lena Rudkowski (Foto: FU Berlin)

Die Juniorprofessorin Lena Rudkowski (Foto: FU Berlin)

So kam Lena Rudkowski ganz klassisch zu Jura, weil sie keinen Hang zu den Naturwissenschaften verspürte und nicht wusste, was sie sonst noch machen sollte. Ihr Studium der Rechtswissenschaft bezeichnet sie selbst als einen „Unfall“, der sich dann aber zu einem Glücksfall entwickelte. Und das alles, obwohl ihr ehemaliger Mathelehrer einen ganz anderen Studienverlauf prognostiziert hatte. Er kündigte an, den Hut des Englischlehrers zu fressen, sollte die damals 18-jährige Schülerin länger als ein Semester Jura studieren. Für ihn galt der Grundsatz: „Wer kein Mathe kann, kann kein Jura“ – ein Irrglaube, wie er spätestens jetzt eingestehen muss. Ob er den Hut wirklich gefressen hat, ist nicht bekannt.

Nach sieben Semestern Studium stellte sich Lena Rudkowski bereits dem Ersten Staatsexamen, dem Schreckgespenst des Jura-Studiums. Eigentlich wollte sie nur mal schauen, was allen Studenten und ihr denn so große Angst bereitete, und sie rechnete auch mit keinem guten Ausgang. Doch es lief besser als gedacht.

Verwirrung unter Studenten

Mittlerweile ist die 1986 geborene Lena Rudkowski die jüngste Juniorprofessorin unter den Juristen in Deutschland und die jüngste Juniorprofessorin an der FU Berlin. Ihre Jugend sieht man ihr an. Das führt bei vielen Studenten zu Verwirrung: „Häufig gucken die Studenten beim ersten Treffen etwas komisch und warten darauf, dass der Professor doch jetzt bitte mal erscheinen möge“, sagt sie. „Wenn sich dann herausstellt, dass ich der richtige Prof bin, dann wird erstmal gerätselt, wie das denn sein kann. Das sehe ich an den Gesichtern und daran, wie die Studenten untereinander tuscheln. Aber sobald es dann ins Fachliche geht, ist mein Alter wieder vergessen.“ Denn den fachlichen Vorsprung hat sie.

Ihr Forschungsschwerpunkt ist das Arbeitsrecht. Sie promovierte über das Thema „Der Streik in der Daseinsvorsorge“. Ein Thema, das für viele Leute interessant ist, wenn man zum Beispiel an den Streik der Fluglotsen denkt. Außerdem forscht sie gerade im Bereich des Versicherungsrechts und bereitet ihre Habilitation vor. Das Thema der Arbeit: „Die Kontrolle der Finanzdienstleistungsunternehmen“. Hier geht es um die Frage, welche Rolle Informationen für die Kontrolle der Versicherer von Banken haben.

Die Habilitation drängt

In den nächsten fünf Jahren muss die Arbeit, die üblicherweise 400 bis 600 Seiten umfasst, fertig sein. Dann läuft Lena Rudkowskis Stelle aus. Anschließend wird sich entscheiden, ob sie eine Professur auf Lebenszeit bekommt. Ihre Juniorprofessur ist auf sechs Jahre befristet.

Sie hat gekämpft für diese Stelle, um an der FU unabhängig forschen und lehren zu können. Freunde hatten die junge Juristin auf die ausgeschriebene Stelle aufmerksam gemacht. Diese fackelte nicht lange und reichte ihre Bewerbung ein. Ihre herausragende Doktorarbeit qualifizierte sie für das Bewerbungsverfahren. Nach einer externen Begutachtung und zahlreichen Vorträgen kam dann die Berufung an die Universität. Für Lena Rudkowski ein perfektes Timing, nachdem sie gerade mit den schriftlichen Prüfungen fertig war.

Ich bin nichts besonderes

Trotz ihrer akademischen Blitzkarriere findet die gebürtige Berlinerin, dass sie eine ganz gewöhnliche Studentin gewesen sei. Sie hält sich für nichts Besonderes. „Es gibt sicherlich viele Juniorprofessoren in meinem Alter“, sagt sie. In ihrer Freizeit spielt Lena Rudkowski gerne Geige, geht ins Kino und oder liest Marx.

Ihr Lieblingsplatz in Berlin ist übrigens das Viertel rund um die Freie Universität in Dahlem. „Die Gegend ist ein einziger Park hier“, sagt sie. „Die Mittagspause unten am See an der kleinen Kirche ist ein Traum.“

Und sie gibt zugleich jenen einen Anstoß, die denken, ohne Latein würde das Jurastudium nicht klappen. „Auch wer kein Latein spricht, kann Jura studieren. Die drei Wörter Latein, die man braucht, lernt jeder locker nebenbei.“

Christina Steenkens

Dieser Artikel ist am 10. April in der Beilage “Semesterstart” der Berliner Zeitung erschienen.

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