Film, Ost*Berlin
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Klappe, die zweite!

Die Grafik hat Heike Fischer erstellt, www.jungundschön.com .
Grafik: Heike Fischer, www.jungundschön.com

Ostberlin hat schon immer einen wunderbaren Drehort abgegeben – zu DDR-Zeiten sowie nach der Wende. Wir haben 13 wichtige Filmbeispiele zusammengetragen und sie auf Handlung, Hintergrund und Stadtbezug geprüft. Auch vor einem persönlichen Fazit scheuen wir uns nicht. Diesmal: die Wendejahre.

Volkspolizei
Coming Out
Die Architekten

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Volkspolizei

1985, 60 Minuten, erschienen in der DVD-Sammlung “Material”

Erschienen in der Sammlung "Material"

DVD von Edition Filmmuseum 56

Worum geht’s? Die Feiertage des 1. und 8. Mai stehen an. Im Revier 14 in der Brunnenstraße ist man darauf bedacht, jede Abweichung von der Normalität schnellstmöglich aus der Welt zu räumen. Dies können Streitereien zwischen Liebespaaren sein, oder ein Punk mit zerzaustem Haar, der wegen seines Aussehens zurechtgewiesen wird.

Was steckt dahinter? Als Produktion der Staatlichen Filmdokumentation beim Staatlichen Filmarchiv der DDR war „Volkspolizei“ von Thomas Heise nicht für öffentliche Aufführungen vorgesehen. Seine Premiere feierte der Film erst 2001 während der 25. Duisburger Filmwoche. Er lief dann im Berliner Kino Babylon.

Wieviel Ostberlin ist drin? Neben den Szenen auf dem Polizeirevier, wo Ostberliner*innen jeglichen Alters und sozialer Herkunft mal als Betroffene, mal als „Täter*innen“ vorgestellt werden, kann man die Beamten bei ihren Streifzügen durch Brunnenstraße, Invalidenstraße, Ackerstraße, Anklamer Straße, Zionskirchstraße, Swinemünder Straße und über den Arkonaplatz beobachten.

Was bleibt? Wie?! Diese Blümchentapeten gab es auch auf Polizeirevieren? Davor sitzen bitterernste Beamte in Uniform und erzählen private Geschichten und von ihrem polizeilichen Werdegang. Insgesamt ist „Volkspolizei“ ein Zeitdokument, dessen ruhige Beobachtungen auf dem Revier absurde Bilder einer Gesellschaft offenbaren, in der schon ein falscher Haarschnitt zu einer Rüge der Staatsmacht führen kann. (Seyda Kurt)

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Coming Out

1989, 113 Minuten

Coverbild der DVD, als DVD erschienen bei Icestorm Entertainment

DVD von Icestorm Entertainment

Worum geht’s? Philipp (Matthias Freihof) ist ein ambitionierter Lehrer an einer Schule in Ostberlin und geht mit seiner Arbeitskollegin Tanja (Dagmar Manzel) eine Beziehung ein. Doch er wird von seiner homosexuellen Vergangenheit eingeholt und ist stark verunsichert, als er den jungen Matthias (Dirk Kummer) kennenlernt und ein Verhältnis mit ihm eingeht.

Was steckt dahinter? Im Vorfeld arbeitete Heiner Carow sieben Jahre lang an der Entstehung des Films, um die schwule Thematik in der DDR durchzusetzen. 1990 gewann der Regisseur dann den Silbernen Bären für eine „Besondere künstlerische Leistung“ auf der Berlinale.

Wieviel Ostberlin ist drin? Viele Szenen des Films wurden an den realen Schwulen-Treffpunkten gedreht. Der Zuschauer kann die “Schoppenstube” in Prenzlauer Berg, den Märchenbrunnen in Friedrichshain und auch die Lokalität “Zum Burgfrieden” erkennen, die sich in unmittelbarer Nähe zur Bornholmer Straße befindet.

Was bleibt? Ein dramatischer Film mit subtiler Herangehensweise an die Thematik. Beeindruckende Schauspielperformances, insbesondere des Hauptdarstellers Matthias Freihof, der die Rolle des schwulen Lehrers perfekt beherrscht. Frage: Gab es zu wenige Statisten an den Schauplätzen oder warum wirken alle Orte derart ausgestorben? (Danny Mahlig)

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Die Architekten

1990, 107 Minuten

DVD-Cover, erschienen bei Icestorm Entertainment

DVD von Icestorm Entertainment

Worum geht’s? Der Film erzählt die Geschichte eines Neubauprojekts in der DDR. Daniel Brenner (Kurt Naumann) wird nach langer Durststrecke beauftragt, mehrere Architekt*innen zu finden, um für das Großprojekt eines Neubaugebiets ein soziokulturelles Zentrum zu bauen. Ein Kino, ein vietnamesisches Restaurant und eine Eisdiele sollen entstehen. Am Ende bleibt nur eine Miniaturansicht mit ein paar Skizzen übrig. Und auch in Daniel Brenners Ehe ist es schon lang nicht mehr harmonisch.

Was steckt dahinter? Peter Kahanes im September 1989 gedrehter Film kam erst nach Mauerfall 1990 in die Kinos und erreichte damals nur wenige Zuschauer*innen. Er thematisiert die Kritik am bestehenden System in der Architektur- und Baubranche und die Desillusionierung einer jüngeren Kreativszene, die von den Zeitläuften überholt wird.

Wie viel Ostberlin ist drin? Der Film setzt sich mit politischen und autoritären Strukturen auseinander und reflektiert die Macht des Staates in Bezug auf Menschenrechte zu DDR-Zeiten. Gedreht wurde der Film unter anderem in Marzahn.

Was bleibt? Der Film ist etwas für DDR-Kenner*innen und Architekturfans. Ohne Hintergrundwissen bleibt den Zuschauer*innen manches unklar. (Danny Mahlig)

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Kategorie: Film, Ost*Berlin

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