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Lieblingskunst im Bunker

Der Kunstsammler Christian Boros traut sich was. Kauft einen von Albert Speer konzipierten Bunker in der Reinhardtstraße 20 in Berlin und baut ein Penthouse oben drauf.

In den fünf Stockwerken zu seinen Füßen kann seit Juni 2008 auch die Öffentlichkeit Objekte, Skulpturen und Installationen sehen, die Boros nicht versteht. Denn das Nicht-Verstehen formuliert er als Motto seiner Sammlerstrategie auf seiner Website zur Kollektion. Vier Jahre währten die Umbauarbeiten. Aus den vormals 120 sind unter dem Architekten Jens Casper vom Berliner Büro Realarchitektur 80 Räume entstanden. Sie tragen Spuren vergangener Nutzungen als Luftschutzbunker, Gefängnis, Textil- und Lebensmittellager, Techno- und SM-Club. Betritt der Besucher das 3000 Quadratmeter große Gebäude fällt die Stahltür hinter ihm geräuschvoll ins Schloss. Jetzt ist Berlin draußen. Willkommen in Boros’ Welt.

Ventilator im Schwebezustand

Gleich im Foyer eröffnen sich unterschiedliche Perspektiven auf die Glocke des belgischen Künstlers Kris Martin, die tonlos schwingt. Es gibt Durchblicke aus den oberen in darunter liegende Stockwerke, so dass man Kunstwerken aus anderen Blickwinkeln wieder begegnet. Die Wände changieren zwischen 2,40 und 13 Metern, sind im Ursprungszustand belassen oder weiß gestrichen. Viel Platz vor weißem Grund hat der von der Decke hängende metallene Ventilator von Olafur Eliasson, der bereits im Rahmen der ersten Berlin Biennale im Postfuhramt zu sehen war. Angetrieben von eigener Kraft schwebt er durch die Lüfte und korrespondiert mit Zeichnungen, die unter Mithilfe von Eliassons Vaters entstanden sind.

Schwarze Blitz-Skulptur

Sich den Platz gefügig gemacht hat der vier Räume durchbrechende schwarze Blitz von Monika Sosnowska, der vom Besucher begangen werden kann. Ergebnis eines Auftrags von Boros an die Künstlerin, eine raumübergreifende Skulptur für den Bunker zu entwerfen.
Christian Boros ist nah dran an der zeitgenössischen Kunst. Die Ausstellung ist famos besetzt und kuratiert. Abseits der Diskussionen um die Leerstelle einer Kunsthalle in Berlin, die vor allem junge Künstlerinnen und Künstler zeigt, ist ein inspirierendes Schmuckstück entstanden. Dass er allein auf dem Dach aus seinem Badezimmer in einen eingehängten Pool rutschen kann, sei ihm verziehen. Es lebe die Dekadenz, wenn sie solche Früchte trägt.



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